Logistik und Verkehr
Wir verbessern unsere Prozesse ständig, um Logistikketten zu optimieren, Transporte zu reduzieren oder zu vermeiden. Unsere Logistik analysiert kontinuierlich Optimierungspotenziale bei den Transportwegen sowie bei der Auslastung von Containern und Fahrzeugen. Die zunehmende weltweite Vernetzung der Lieferströme unterstützen wir mit digitalen Systemen. Mit Hilfe von logistischen Nachverfolgungssystemen verfolgen wir unsere Lieferungen zunehmend in Echtzeit und können so bei Problemen umgehend reagieren. Die im Berichtszeitraum angespannte Situation durch Kapazitätsengpässe auf den globalen Transportmärkten hat sich durch die Corona-Pandemie weiter verstärkt.
Effizientes Transportleitsystem
Hinter den zahlreichen innerbetrieblichen Transporten an unseren Standorten – täglich über 900 allein in Burghausen – steht ein hoher organisatorischer Aufwand. Das Transportleitsystem SyncroTess haben wir im Berichtszeitraum eingeführt, um die Logistikabwicklung von Bahn- und Straßentransport an den Standorten Burghausen und Nünchritz sowie im Werk Charleston/Tennessee, USA, effizient zu steuern. Jeder Fahrer, vom Lieferwagen über den LKW bis hin zur Lokomotive, behält künftig mit einem Tablet den Überblick über seine Aufträge. Das verkürzt die Reaktionszeiten und die logistischen Prozesse können besser mit dem Bedarf in der Produktion synchronisiert werden. Mit einer Optimierungsfunktion ermöglicht das System, Wege zu verkürzen und Leerfahrten zu vermeiden. In Schulungen trainieren die Mitarbeiter den Umgang mit der Software, die den Administrationsaufwand zum Beispiel für Produktionspersonal, Meister, Techniker und alle Nutzer der Innerwerktransporte reduziert.
WACKER nutzt ein verfeinertes Berechnungsmodell, um die Transportprozesse der Produkte von den Standorten zum Kunden zu berechnen. Basis sind Faktoren der Richtlinie „CEFIC Ecta Guidelines for Measuring and Managing CO2 Emissions from Freight Transport Operations“. Über unsere transportbedingten Emissionen berichten wir in unserer CO2-Bilanz.
Wir bewerten unsere Transporte auch anhand des Leitfadens zur Ermittlung der Kohlendioxidemissionen in der Logistik, den der Verband der Chemischen Industrie (VCI) entwickelt hat. Neben dem Kohlendioxidausstoß bewerten wir Lärmemissionen von Fahrzeugen, die für unsere Transporte zum Einsatz kommen.
WACKER verarbeitet an seinen Produktionsstandorten Rohstoffe aus aller Welt. Für unsere Versorgungsketten haben wir ein Konzept entwickelt, um Kapazitäten für Rohstofflieferungen und Exporte aufeinander abzustimmen und Leertransporte zu vermeiden. Dazu verlaufen bei der Zusammenarbeit mit Reedereien unsere Ausschreibungen für Überseeimporte und -exporte parallel. So können wir für unsere Rohstofflieferungen Container zusteuern, die aus dem gleichen Reedereiportfolio stammen, das wir für Exporte nutzen. Die Rohstoffe werden in Hamburg in unser Zugsystem eingespeist, die Container nach der Fahrt in unseren Werken entladen und dort direkt wieder für Exporte beladen. Nach diesem Konzept arbeitet auch der Werkverkehr zwischen unseren Standorten beim Transport von Zwischenprodukten.
Logistikdrehscheibe
WACKER hat im Jahr 2020 global 2,31 Mio. Tonnen (2019: 2,29 Mio. Tonnen) Fertig- und Halbfertigprodukte versandt. Der Standort Burghausen ist die größte Logistikdrehschreibe des Konzerns. Das Versandvolumen von dort reduzierte sich im Jahr 2020 leicht auf rund 880.000 Tonnen (2019: 900.000 Tonnen). Insgesamt wurde dieses Volumen über 31.000 LKW-Ladungen und 10.000 Übersee-Container abgewickelt.
Wir verlagern Transporte wo immer möglich von der Straße auf die Schiene. Der überwiegende Teil der Frachtcontainer, die unsere deutschen Standorte verlassen, wird mit der Bahn in die Nordhäfen transportiert. Der WACKER-Containerzug fährt täglich mit einer Länge von rund 600 Metern von Burghausen bzw. Nünchritz Richtung Bremerhaven und Hamburg. In Burghausen beträgt der Anteil des Schienenverkehrs am Containertransport nahezu 100 Prozent.
Wir nutzen das öffentliche Kombiterminal in Burghausen (KTB). Auf dem Schienenweg transportieren wir Siliciummetall und weitere Rohstoffe zu den Werken sowie Produkte zu den Häfen. Die Containerzüge verbinden täglich die Werke Burghausen und Nünchritz mit Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven sowie einmal wöchentlich Triest und Burghausen. Unsere Frachtcontainer werden direkt ab Werk auf Containerzüge verladen.
Aus dem Werk Nünchritz transportieren wir jährlich rund 7.700 Container mit Produkten ab Riesa per Bahn und Binnenschiff zu den deutschen Seehäfen. Für unsere Rohstoffeinkäufe ist der Schienenweg das überwiegende Transportmittel, entweder per Container oder per Kesselwagen. Wo möglich, verwenden wir geleerte und gereinigte Rohstoffcontainer für den Produktversand und vermeiden so pro Jahr rund 400 Rücktransporte leerer Rohstoffcontainer und die gleiche Zahl an Anlieferungen leerer Container für den Produktversand.
In unserer Verbundproduktion werden Produkte und Nebenprodukte eines Betriebs über Rohrleitungen in benachbarte Anlagen transportiert. Der Transport von Produkten per Rohrleitung ist bei großen Mengen kostengünstig, sicher und emissionsfrei. Am Standort Burghausen beziehen wir den wichtigen Rohstoff Ethylen per Rohrleitung von der benachbarten OMV Deutschland. Die Ethylen-Pipeline Süd (EPS) trägt dazu bei, die Verfügbarkeit dieses für uns wichtigen Rohstoffs langfristig zu sichern. In der 370 km langen Rohrleitung, die von Münchsmünster (Bayern) durch Baden-Württemberg nach Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) verläuft, wird Ethylen emissionsfrei und mit geringem Energieaufwand befördert.
Kurze Wege zu regionalen Dienstleistern
Kurze Wege zu Dienstleistern und möglichst keine Leerraumtransporte helfen, Emissionen und Abfälle zu vermeiden. Unser Werk Nünchritz bezieht Kartuschen für Silicone unter anderem von einem regionalen Packmittelproduzenten aus dem benachbarten Großenhain. Der Standort Burghausen erhält von Lieferanten wiederverwertbare IBC-Behälter (Intermediate Bulk Container) und Fässer. Für den Versand von Siliconölen und -emulsionen setzen wir zunehmend IBC-Behälter mit einem Fassungsvermögen von 1.000 Litern ein.
Maßnahmen zu kurzen, effizienten Transportwegen unternehmen auch unsere internationalen Standorte. Als Alternative zu Tankcontainern oder IBC-Behältern verwenden wir auch Flexitanks zum Transport von Flüssigkeiten, beispielsweise nach Brasilien, China, Indien oder in den Nahen Osten. Die bei WACKER eingesetzten Flexitanks werden in Container eingehängt, so dass der Container nach dem Entleeren des Flexitanks sofort für andere Ladungen verwendet werden kann, ohne gereinigt werden zu müssen.
Piston-Tanks (Tanks mit Innenkolben) sind eine umweltfreundliche Alternative zu Transportfässern für dickflüssige Produkte wie unsere Silicondichtstoffe. Der bewegliche Innenkolben schiebt 25 Tonnen Silicondichtstoffe – entsprechend dem Inhalt von 125 Stahlfässern – beim Beladen in den Tankauflieger des LKW. Der Kunde verbindet den Tank direkt mit seinen Abfüllanlagen und der Kolben drückt das Produkt aus dem Tank. Derzeit liefern wir aus Burghausen jährlich mehrere tausend Tonnen Silicondichtstoffe. Auch unsere internationalen Standorte kaufen vor allem bei Lieferanten in der Region ein, um die Transportwege kurz zu halten.
Mit unseren Spediteuren tauschen wir elektronisch Daten aus, damit sie ihre Touren optimal planen und ihre Fahrzeuge voll beladen können. Unser Gebietsspediteurkonzept trägt dazu bei, Leerfahrten zu vermeiden: Der für ein bestimmtes Postleitzahlengebiet zuständige Spediteur kann in seiner Region die Rückfahrten so planen, dass kaum ein Fahrzeug nur Teilladungen transportiert.
Wir bewerten unsere Spediteure jährlich auch zu Umweltaspekten. So fragen wir zum Beispiel die Einstufung der Fahrzeuge in der Euro-Norm (Abgasnorm) ab. Bei unseren Logistikdienstleistern liegt der Anteil an Fahrzeugen der Kategorie Euro 5 und höher mittlerweile bei 100 Prozent.
Verkehrswege zum ChemDelta Bavaria
Eines der großen Infrastrukturprojekte im bayerischen Chemiedreieck sind der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Burghausen nach München. Der Ausbau der Strecke München – Mühldorf – Freilassing geht schrittweise voran. Ein Engpass der seit 1897 bestehenden Bahnverbindung ist die Elektrifizierung der Strecke Tüßling – Burghausen.
Wir beteiligen uns an der Initiative Magistrale für Europa, die sich unter dem Motto „vom Flickwerk zum Netzwerk“ für den Ausbau der Schienenverbindung zwischen Paris und Budapest einsetzt. Auf dieser Strecke liegt das Teilstück München – Mühldorf – Freilassing.
Der Ausbau der Autobahn A 94 München – Passau machte im Berichtszeitraum weitere Fortschritte. In einem ÖPP-Projekt (öffentlich-private Partnerschaft) wurden die letzten Teilstücke zwischen Burghausen und München geschlossen. Diese Strecke ist seit Oktober 2018 durchgängig befahrbar.