WACKER ist in allen großen Wachstumsregionen der Welt präsent. So auch in Indien. Nur wenige Volkswirtschaften wachsen so rasant. Mit millionenschweren Investitionen treibt WACKER sein Geschäft auf dem indischen Subkontinent voran.
Mission Wachstum
„Indien ist auf dem Mond“, verkündete Premierminister Narendra Modi stolz. Am 23. August 2023 landete die unbemannte Mondlandefähre „Vikram“ sanft und sicher am Südpol des Mondes. Am Tag darauf begann ein solargetriebener Mondrover seine Erkundungstour. Als vierter Nation überhaupt war Indien der Ausflug auf den Mond gelungen. Das Land feierte, die Welt staunte – und Dr. Sascha Büchel und sein Team bei Wacker Metroark Chemicals in Kolkata freuten sich mit. Schließlich haben sie einen Teil zum Erfolg der Mission beigetragen. „Das U.R. Rao Satellite Centre der indischen Raumfahrtbehörde hatte uns nach Klebstoffen gefragt, die den extremen Bedingungen im All standhalten“, sagt Büchel. „Tatsächlich wurde für die Solarpaneele ein Spezialsiliconklebstoff von WACKER verwendet.“
Interaktive Grafik
DELHI
Seit 2000 ist der Chemiekonzern WACKER in der Metropolregion Delhi mit einer eigenen Niederlassung präsent. Im Fokus stehen Silicone.
Das 14-köpfige Team vertreibt außerdem polymere Bindemittel für die Baubranche und für andere Industrien.
PANAGARH
Am Standort Panagarh, 2022 gegründet, entstehen Fest- und Flüssigsiliconkautschuke sowie gebrauchsfertige Siliconmischungen.
Der Produktionsstandort, 160 Kilometer nordwestlich von Kolkata gelegen, beschäftigt rund 100 Mitarbeiter.
KOLKATA
Seit 1999 werden am Sitz des Joint Ventures Wacker Metroark Chemicals (WMC) Siliconöle und Siliconkautschuke produziert.
Der Standort verfügt über zahlreiche Anwendungslabors und eine WACKER ACADEMY für Schulungszwecke.
MUMBAI
Das Verkaufsbüro, zugleich Sitz der indischen Tochtergesellschaft Wacker Chemie India, vertreibt unter anderem polymere Bindemittel, Silicone, Feinchemikalien, Biotech-Produkte und Polysilicium. Um Kundenwünsche kümmert sich ein hochmodernes Technical Center.
BENGALURU
Am Vertriebsstandort Bengaluru betreibt WACKER seit 2019 ein Technical Center für Bauanwendungen. Im Fokus stehen Fliesenkleberanwendungen.
Dem Kompetenzzentrum ist auch eine WACKER ACADEMY für Schulungszwecke angeschlossen.
Indien macht sich auf in neue Welten. 2023 hat es mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern China als bevölkerungsreichstes Land der Erde abgelöst. Zudem wächst laut Internationalem Währungsfonds (IWF) aktuell keine andere große Volkswirtschaft auch wirtschaftlich so rasant. „Es gibt hier nichts, was es nicht gibt“, betont Büchel, der seit knapp neun Jahren in Kolkata arbeitet, wo er das Silicongeschäft in Indien leitet. „Das Land hat enormes Potenzial.“
WACKER steht auf dem Subkontinent auf zwei Standbeinen: Die Landesgesellschaft Wacker Chemie India treibt vor allem den Verkauf von Polymeren voran. Das im Konzern vollkonsolidierte Joint Venture Wacker Metroark Chemicals (WMC) ist für das Silicongeschäft zuständig.
„Das Joint Venture machte vom ersten Jahr an Gewinn“, erzählt Soumitra Mukherjee, der gemeinsam mit Büchel die Geschäfte bei WMC führt. Sein Vater hatte das Chemieunternehmen Metroark 1947 gegründet. Schon lange vor der Gründung des Joint Ventures 1998 hatte er Rohstoffe von WACKER aus Burghausen bezogen. Für Mukherjee vereint WMC das Beste aus beiden Welten: internationale Erfahrung und Qualität „Made in Germany“ auf der einen, lokale Verwurzelung und Marktkenntnis auf der anderen Seite.
Das Geschäft mit Siliconspezialitäten wächst seit vielen Jahren dreimal so stark wie das Bruttoinlandsprodukt des Landes. Der steigende Lebensstandard verspricht auch zukünftig eine steigende Nachfrage: Während der Pro-Kopf-Verbrauch bei hochwertigen Siliconen in Regionen wie Europa und USA bei über zehn US-Dollar liegt, sind es in Indien im Schnitt bislang deutlich unter einem US-Dollar, Tendenz steigend.
Seit 2018 ist WMC Marktführer im indischen Silicongeschäft. 2022 erreichten die Erlöse die Rekordsumme von 225 Millionen €. Und auch für 2023 und 2024 rechnen die beiden Geschäftsführer Büchel und Mukherjee mit einem Volumenwachstum von 15 Prozent.
Wacker Metroark Chemicals Pvt. Ltd.
WACKER liefert bereits seit den 1970er Jahren chemische Produkte nach Indien. 1998 gründeten der Chemiekonzern und der indische Siliconhersteller Metroark die Wacker Metroark Chemicals Pvt. Ltd. 1999 startete die Siliconproduktion am Standort Amtala. Seit 2022 werden auch am Standort Panagarh Silicone hergestellt.
Das vollkonsolidierte Unternehmen ist mit Vertriebsbüros und Logistikzentren in Delhi, Mumbai und Kolkata sowie mit einer Niederlassung in Dhaka in Bangladesch in den wichtigsten Handelszentren im Großraum Indien aktiv. WMC liefert Siliconprodukte an zahlreiche Schlüsselindustrien, unter anderem in den Bereichen Textil, Körperpflege, Automobil, Bau, Energie, Beschichtung, Kunst- und Klebstoffe sowie Verpackung. Derzeit beschäftigt die WACKER-Tochter rund 300 Mitarbeiter in Indien.
„Wir bringen die besten Ideen von Europa nach Indien und implementieren sie hier auf die indische Art und Weise“, erklärt Mukherjee das Erfolgsrezept. Ein Beispiel: Mukherjee erinnert sich gut daran, wie das WMC-Team am Standort Amtala (Kolkata) für einen großen Konsumgüterkonzern in nur sieben Tagen eine Siliconemulsion für Shampoos entwickelte. Bis dahin hatte WACKER keinerlei Geschäfte mit dem Unternehmen gemacht. Heute beliefert WMC den Konsumgüterriesen weltweit mit der Emulsion aus Kolkata.
Im Bereich „Personal Care“ ist WMC in Indien besonders stark – das Unternehmen ist hier exzellent aufgestellt. Neben global agierenden Kunden arbeiten auch zahlreiche indische Unternehmen mit den Entwicklern an maßgeschneiderten, innovativen Produkten für den dortigen Markt. Zum Beispiel ist im WMC-Labor ein spezieller Entschäumer auf Siliconbasis entstanden. Er spart 50 Prozent Wasser bei Waschmitteln für Handwäsche, die in Indien besonders oft verwendet werden. „Diese Anwendungen haben Entwickler in Europa gar nicht auf dem Schirm“, sagt Sascha Büchel.
Erste Adresse für Polymere – Wacker Chemie India
Indische Besonderheiten kennt auch Anand Gopaladesikan als Verantwortlicher für das Polymergeschäft gut. Die Dispersionspulver der Landesgesellschaft Wacker Chemie India gehen zum Großteil in die Bauindustrie. Verkaufsschlager sind sogenannte Skim Coats. Der auf weißem oder grauem Zement basierende Spachtelputz gleicht Unebenheiten auf Beton oder Putz mühelos aus und kommt insbesondere auf dem indischen Subkontinent in vielen Neubauten zum Einsatz.
„Bei uns müssen Wände sehr weiß sein – und sehr glatt“, erklärt Gopaladesikan. Gemeinsam mit einem führenden Zementhersteller war WACKER maßgeblich an der Entwicklung dieses neuartigen Produkts für Indien beteiligt. „Wir versuchen, dessen Eigenschaften laufend zu verbessern“, betont er. Seit kurzem setzen seine Anwendungstechniker hydrophobe Bindemittel für die Formulierung ein. Die Produkte werden dadurch wasserabweisend – eine Eigenschaft, die vor allem während der Monsunzeit wichtig ist.
Wacker Chemie India Pvt. Ltd.
2007 gründete der WACKER-Konzern die Landesgesellschaft Wacker Chemie India Pvt. Ltd., um sich für die wachsenden Marktanforderungen und Potenziale im regionalen Polymergeschäft besser aufzustellen.
Mit rund 40 Mitarbeitern betreut die Landesgesellschaft Kunden aus der Bau-, Klebstoff- und Household Care-Industrie auf dem indischen Subkontinent.
Die Technical Center in Mumbai und Bengaluru, gleichzeitig auch Standorte der WACKER ACADEMY, beraten Kunden aus den Geschäftsbereichen WACKER POLYMERS, WACKER BIOSOLUTIONS und WACKER POLYSILICON.
„Unsere hochwertigen Dispersionspulver bieten einen verbesserten Wasserschutz. In dieser neuen und äußerst anspruchsvollen Anwendung ist das ein echtes Alleinstellungsmerkmal.“
Ein weiteres Segment, das dynamisch wächst und WACKER maßgeblich geprägt hat, ist das Geschäft mit Fliesenklebern. Das zu diesem Zweck gegründete Technical Center in Bengaluru treibt das Geschäft mit hoher technischer Expertise und umfassenden Serviceleistungen voran. Beachtlich entwickeln sich auch die Geschäfte mit hochwertigen Holz- und Verpackungsklebstoffen. Und weil Plastik immer mehr durch Papier ersetzt wird, zum Beispiel bei Getränkebechern oder Verpackungsmaterial für den Online-Handel, sind auch Beschichtungen für die Papierindustrie zunehmend gefragt, sagt Gopaladesikan.
In der Zentrale der Landesgesellschaft in einem Vorort von Mumbai, wo die meisten der 40 Mitarbeiter arbeiten, entwickeln erfahrene Chemiker und Anwendungstechniker vor Ort maßgeschneiderte Lösungen für diese Wachstumsbranchen. Gopaladesikan kann dabei auf ein sehr junges, motiviertes Team setzen. „Indien bietet einfach einen unfassbaren Talentpool“, sagt der Polymer-Manager.
Indien strebt nach Wachstum und Wohlstand
Das Land kommt in vielen Bereichen voran. Zur Jahrtausendwende waren 40 Prozent der Bevölkerung noch ohne Strom, mittlerweile ist jedes indische Dorf an das Netz angeschlossen. Die Digitalisierung der Verwaltung bremst Korruption aus, das Steuersystem wurde stark vereinfacht. Zudem wirbt die politische Initiative „Make in India“ für ausländische Investitionen in die Fertigung. Apple lässt mittlerweile iPhones im Land herstellen.
Auch WACKER produziert in seinen Werken zu einem Großteil für den Inlandsmarkt. Daneben gehen Exporte in die Nachbarländer – nach Bangladesch, Nepal, Bhutan und Sri Lanka, auch in etliche Länder Südostasiens.
Auf die steigende Nachfrage im Land hat WACKER bereits reagiert – mit einer Ausweitung der Produktion. Der Siliconstandort Amtala, einst inmitten von Reisfeldern und Kokospalmen gelegen, ist heute von Wohngebieten umgeben. Für neue Anlagen war dort kein Platz mehr.
Deswegen nahm 2022 eine neue Produktionsanlage für Siliconspezialitäten in Panagarh nordwestlich von Kolkata ihren Betrieb auf. Dort gibt es viel Platz sowie eine gute Anbindung an Schiene und Straße. Zusätzlich werden aktuell laut WMC-Manager Büchel weitere Ausbauschritte geprüft.
Die Fest- und Flüssigsiliconkautschuke aus Panagarh gehen in Zukunftsbranchen wie die Energiewirtschaft, Medizintechnik und Automobilindustrie. Inderinnen und Inder haben 2023 mehr als vier Millionen PKW und 17 Millionen Zweiräder gekauft. Experten sehen das traditionelle Bahnland Indien in naher Zukunft nach China und den USA als drittgrößten Automobilmarkt der Welt.
Für WMC-Manager Büchel sind das gute Aussichten, schließlich werden Siliconelastomere dutzendfach in Autokomponenten verbaut. Für Schwingungsdämpfer, elektrische Steckverbindungen oder Dichtungen im Kühlkreislauf, die zugleich enormen mechanischen Stress und hohe Temperaturen aushalten müssen, sind die Hightech-Silicone das Material der Wahl. Sie schützen auch Chips und Sensoren vor Vibrationen, Schmutz und Feuchtigkeit. Besonders wichtig sind wärmeleitfähige Silicone in der E-Mobilität. Sie schützen empfindliche Bauteile, vor allem die Batterien vor zu viel Hitze. Der Wert von Siliconen in E-Autos wird sich gegenüber Verbrennern verdoppeln, schätzt Büchel. Indien ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Elektrofahrzeuge: Allein 800.000 E-Zweiräder wurden 2023 verkauft. Anand Gopaladesikan berichtet, dass in Mumbai zwar noch keine Tesla auf den Straßen rollen, aber der führende indische Autohersteller Tata großen Erfolg mit kleinen E-Autos habe. Auch viele Fahrradkuriere fahren elektrisch, erzählt er.
Parallel dazu geht der staatlich geförderte Ausbau der erneuerbaren Energien voran: Windräder, Wasserstoff-Elektrolyseure und gigantische Solarparks entstehen im Eiltempo – und brauchen Hightechmaterialien aus Silicon. „Bisher kamen die Solarmodule aus China, aber jetzt läuft die indische Produktion an“, erzählt Sascha Büchel.
Laut nationaler Solarmission soll deren Kapazität die fossile Erzeugungskapazität bis 2030 übertreffen. Wenn es so gut läuft wie bei der Mondlandeplattform „Vikram“, könnte diese Mission gelingen.