Geschäftsbericht 2024

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Creating tomorrow’s solutions

Wir schaffen gemeinsam Großes.

Zusammenarbeit und Wertschätzung

Gemeinsam ist man stark. Das gilt nicht nur WACKER intern. WACKER arbeitet auch eng mit externen Partnern zusammen. Beispiel: CordenPharma.

Zwei Männer im Gang (Foto)

„Gemeinsam haben wir in Rekordzeit Pandemiebereitschaft in Deutschland erreicht.“

Deutschland ist gerüstet. Kommt es erneut zu einer Pandemie, ist die Produktion von Impfstoffen gewährleistet – dank der Zusammenarbeit von CordenPharma und WACKER. Mit ihnen hat die Bundesregierung im Jahr 2022 Pandemiebereitschafts­verträge geschlossen. Eine Lehre aus der Corona-Pandemie.

Mit dem Zuschlag begann für die beiden Unternehmen ein Mammutprojekt mit einem ambitionierten Zeitplan: In nur zwei Jahren mussten sie „pandemiebereit“ sein und jährlich 80 Millionen Impf­stoff-Einheiten auf der Basis von mRNA (messenger RiboNucleic Acid) produzieren können. Im Ernstfall stellt künftig das vom Bunde­s­ministerium für Gesundheit eingerichtete Zentrum für Pandemie-Impfstoffe und -Therapeutika (ZEPAI) den Kontakt zum Entwickler eines Vakzins her. WACKER und CordenPharma übernehmen dann gemeinsam dessen Produktion. So der Plan.

„Wir wollen bei WACKER weiter wachsen. Unser Biotechnologiegeschäft spielt dabei eine entscheidende Rolle.“

Foto Wiedemann (Foto)
Mathias Wiedemann, Leiter des Geschäftsbereichs Biosolutions bei WACKER

Ein Tandem für die ganze Prozesskette

„Das war eine Herausforderung, wie sie keiner von uns bisher kannte“, erinnert sich Andreas Anton, der bei WACKER das Projekt Pandemiebereitschaft leitet. „Aber wir haben ein groß­artiges Team und die Zusammenarbeit lief sehr gut. Es hat sowohl von den Fähigkeiten unserer Firmen als auch auf menschlicher Ebene einfach gepasst.“ Gemeinsam decken WACKER und CordenPharma die ganze Prozesskette in der Produktion von mRNA-Impfstoffen ab – von der Herstellung der Plasmid-DNA, die als Ausgangsstoff eingesetzt wird, bis zur Abfüllung des fertigen mRNA-Wirkstoffs. Alexander Radspieler, Antons Counterpart bei CordenPharma, erklärt die „Spielregeln“ der Pandemiebereitschaft:

„Alle wesentlichen Herstellungsschritte müssen in Deutschland stattfinden, um die Impfstoffversorgung sicherzustellen. Der gesamte Prozess muss in der Europäischen Union erfolgen, um unabhängig von externen Lieferketten zu sein.“

Vor diesem Hintergrund fiel die Standortwahl von WACKER auf den deutschen Biotech-Standort in Halle an der Saale. Dort wurde ein neues mRNA-Kompetenzzentrum errichtet, das vier Produktionslinien für Biopharmazeutika umfasst. Spatenstich war am 5. Juli 2022. Keine zwei Jahre später sollte man fertig sein und damit den weltweit schnellsten Bau für eine Arzneimittelwirkstoffproduktion abschließen. CordenPharma entschied sich, seine Produktionsstätten in Frankfurt am Main, Chenôve (Frankreich) und Caponago (Italien) in Pandemiebereitschaft zu bringen. Zum einen wurde die Produktionsfläche für Lipide erheblich vergrößert, verbunden mit einer Investition in die überkritische Flüssigkeitschromatographie, eine umweltfreundliche Reinigungs­methode für Lipide. Zum anderen erweiterte CordenPharma seine Kapazitäten zur Sterilabfüllung.

Kompetenzzentrum in Halle (Foto)
Im mRNA-Kompetenzzentrum in Halle wird hinter Glas unter Reinraumbedingungen produziert.

Erfolgreicher Personalaufbau

Das WACKER Team in Halle entwickelte umfassende Projekt- und Zeitpläne, um die Aufgabe zu stemmen. Schließlich musste ein neues Gebäude entworfen und gebaut, das notwendige Equipment angeschafft und Personal gewonnen und eingearbeitet werden. Anton rückblickend: „Wir haben eine ganze Menge getan, um clevere Köpfe zu gewinnen. Wir haben zum Beispiel eine Onlinekampagne mit Influencer-Videos gestartet, um junge Leute anzusprechen. Das hat gut funktioniert.“ In nur einem Jahr holte WACKER in Halle mehr als 100 Mitarbeitende an Bord. Noch bevor der Hightech-Bau fertig war, ging es mit der Einarbeitung los. Spezielle Trainingsräume wurden eingerichtet, um die Bedienung von Geräten zu üben. Wenn diese noch nicht vor Ort waren, kamen Virtual-Reality-Module zum Einsatz.

Bodyguards für den Wirkstoff

Halle nimmt eine Schlüsselrolle in der Pandemiebereitschaft ein, weil dort die zentralen Prozessschritte ablaufen. „Wir stellen dort zunächst die Plasmid-DNA her, den Ausgangsstoff für die Herstellung des mRNA-Vakzins“, erklärt Anton, und Radspieler ergänzt: „Dann kommen unsere Lipide zur Formulierung des Impfstoffs hinzu. In diesem wichtigen Verfahrensschritt wird die mRNA mit Lipiden zu LNP in eine molekulare Transport-Hülle verpackt, die den sensiblen Impfstoff auf seinem Weg in die Muskelzellen an der Einstichstelle schützt. Bevor geimpft werden kann, reist das Vakzin aber noch tiefgefroren zu unserer Sterilabfüllung nach Caponago in Norditalien, wo es in Fertigspritzen oder Vials kommt.“

Foto mit Stahltank  (Foto)
In großen Stahltanks lagern Lipide, mit denen der mRNA-Wirkstoff formuliert wird.

Sowohl WACKER als auch CordenPharma profitieren davon, dass sie schon am Anfang der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen mit eigenen Projekten dabei waren und Erfahrung sammeln konnten. CordenPharma produzierte in der Corona-Pandemie die Lipide für den Moderna-Impfstoff. WACKER stellte erfolgreich einen Wirkstoffkandidaten her. Am Standort Amsterdam skalierte WACKER die Prozesstechnologie für den industriellen Maßstab in der mRNA-Impfstoffherstellung hoch und schuf Grundlagen für den Aufbau des mRNA-Kompetenzzentrums in Halle, wo WACKER letztlich über 100 Millionen € investierte.

Flexible Fertigungslinien

„Da wir nicht wissen, welcher Kunde am Tag X mit seinem Impfstoff durch unsere Tür kommt, müssen wir auf alles Mögliche vorbereitet sein“, erklärt Anton. „Wir haben uns beim Bau der neuen Anlage an einem modernen Modellprozess orientiert und größte Flexibilität in der Bioverfahrenstechnik eingeplant.“ Dazu trägt auch das sogenannte Ballroom-Konzept bei, nach dem es in den Produktionsräumen in Halle keine festen Rohrsysteme gibt. Alles ist so variabel und modular wie möglich ausgelegt, Gerätschaften lassen sich leicht bewegen. Nach dem Prinzip einer „warm base“ sind Anlagen und Personal immer einsatzbereit. Die notwendigen Ausgangsstoffe und Hilfsmittel sind ebenfalls vorrätig und werden über ein spezielles Lager- und Monitoringsystem verwaltet. Die Logistik zwischen allen beteiligten Standorten steht. „Wir sind für fünf Jahre pandemiebereit. Wenn die Bundes­regierung den Auftrag erteilt, mRNA-Impfstoffe herzustellen, können wir innerhalb kurzer Zeit anfangen zu produzieren“, sagt der WACKER Experte.

Diese Bereitschaft ist auch für Kunden von Vorteil. In pandemie­freien Zeiten nutzt WACKER die Anlagen für Pharmakunden und produziert Wirkstoffe für die klinische Entwicklung. „Aber wir können und machen viel mehr als mRNA-Impfstoffe, etwa Protein-Therapeutika, Impfstoffe und Plasmide“, betont Anton. „Wir agieren dabei global im Verbund unserer vier Biotech-Standorte in San Diego, Amsterdam, Jena und Halle, um immer die besten Produktionsbedingungen für das jeweilige Produkt anzubieten.“ Das schnelle Umschalten zwischen Kundenprojekten ist für WACKER, ebenso wie CordenPharma, Routine. Als Auftragshersteller, kurz CDMO für Contract Development Manufacturing Organisation, sind es die Unternehmen gewohnt, zügig auf andere Produktions­prozesse umzustellen. WACKER nutzt in Halle mindestens 50 Prozent der Kapazitäten für Kundenprojekte, die andere Hälfte ist in der Bereitschaft für die Impfstoffproduktion reserviert.

CordenPharma in Caponago, Italien (Foto)
Aseptische Abfüllung bei CordenPharma in Caponago, Italien

Ein Topteam mit einem guten Plan

In Summe arbeiteten mehrere Hundert Kolleginnen und Kollegen von WACKER und CordenPharma viele Tausend Stunden am Projekt Pandemiebereitschaft. Ohne starkes Teamwork und gegenseitige Wertschätzung zwischen WACKER und CordenPharma wäre die Herkulesaufgabe nicht gelungen. Radspieler kommt noch einmal darauf zu sprechen: „In unserer Projektarbeit hat sich das Vertrauen gebildet, das uns gemeinsam erfolgreich sein ließ. Jetzt sind wir der einzige CDMO, der diese Leistung von A bis Z erbringen kann. Wir haben gesehen, wie gut wir uns ergänzen und auch in Zukunft neue Projekte gewinnen können.“ Was die Experten von WACKER und CordenPharma immer wieder verdeutlichen: Die Pandemievorsorge hängt von gut durchdachten Plänen ab – und davon, in engem Kontakt mit allen Partnern zu stehen. Schließlich will man auf Nummer sicher gehen, wenn sich eine neue Pandemie anbahnt.

Foto Andreas Anton und Alexander Radspieler (Foto)
Andreas Anton (links), Projektleiter Pandemiebereitschaft bei WACKER Biotech, und Alexander Radspieler, Global Project Manager bei CordenPharma

In Halle hielt Anton mit seinem Team die Fäden in der Hand: das Zeitmanagement, die Koordination und das Zusammenwirken mit Partnern, Diensteistern und dem ZEPAI. Am 27. März 2024 meldete er der Behörde die Pandemiebereitschaft. Nach intensiven Audits erfolgte dann am 1. Juni die offizielle Bestätigung: WACKER und CordenPharma sind pandemiebereit. „Das war wie die Kirsche auf der Torte“, bemerkt Andreas Anton. „Denn schon zwei Tage später wurde unser mRNA-Kompetenzzentrum feierlich eröffnet. Schon erstaunlich, was man im Team so alles erreichen kann.“