Geschäftsbericht 2024

Diese Seite teilen

Creating tomorrow’s solutions

Vorgelagerte Wertschöpfungskette

Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen

Förderung von angemessenen Arbeitsbedingungen und Verhinderung von Reputationsschäden

Unser Geschäftsmodell ist auf Lieferanten und deren Mitarbeitende angewiesen. In bestimmten Sektoren und Regionen, insbesondere in Risikogebieten, können Beschäftigte in der Lieferkette jedoch mit Herausforderungen wie fehlender Chancengleichheit, unangemessenen Löhnen, unsicheren Arbeitsplätzen, mangelnder Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie unzureichendem Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz konfrontiert sein.

WACKER beeinflusst über die unter Maßnahmen beschriebenen Instrumente wie Schulung der Lieferanten, die Weitergabe unserer Werte über den Supplier Code of Conduct und regelmäßige Überprüfungen die Arbeitsbedingungen bei den Arbeitskräften unserer Lieferanten und Vorlieferanten positiv, um mittel- bis langfristig eine sichere Beschäftigung, angemessene Arbeitszeiten sowie eine faire Bezahlung zu erreichen. Dadurch reduzieren wir das finanzielle Risiko für WACKER durch Reputationsschäden, mögliche Geldstrafen oder Kosten für Rechtsstreitigkeiten.

Produktionsausfälle durch Unfälle

Beim Umgang mit chemischen Rohstoffen besteht ein erhöhtes Risiko für Arbeitsunfälle und gesundheitliche Beeinträchtigungen. Dies trifft auch auf unsere direkten Lieferanten zu. Für WACKER bedeutet dies ein potenzielles finanzielles Risiko durch mögliche Produktionsausfälle bei einem Lieferanten und erhöhte Kosten durch kurzfristigen Lieferantenwechsel. In unseren Schulungen und Begehungen achten wir deshalb speziell auf die Umsetzung von Sicherheitsvorkehrungen und prüfen deren Umsetzung direkt.

Kinder- und Zwangsarbeit

Als weltweites Unternehmen haben wir auch Geschäftsaktivitäten in Regionen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit oder Zwangsarbeit an den Standorten unserer Lieferanten bergen. Dies kann ebenso zu Reputationsschäden führen. Mit unseren regelmäßigen Überprüfungen durch Assessments und soziale Audits versuchen wir diesem Risiko frühzeitig zu begegnen, mögliche Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und im Verdachtsfall sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Auswirkung auf unser Geschäftsmodell und unsere Strategie

Aufgrund der potenziellen negativen Auswirkungen auf die Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette sichern wir uns insofern ab, als wir nicht auf einen Lieferanten allein vertrauen, sondern Single Sourcing vermeiden. So können wir unser Risiko minimieren und zugleich Verbesserungsmaßnahmen beim Lieferanten zeitlich besser einplanen.

Strategie und Governance

Auch wenn unser Einfluss auf Lieferanten begrenzt ist, richten wir unsere Beschaffungspraktiken so aus, dass wir langfristig dazu beitragen, faire und angemessene Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten unserer Lieferanten zu fördern. Um die Einhaltung unserer hohen Standards hinsichtlich Integrität, Qualität und Vertraulichkeit sicherzustellen, behalten wir uns Besuchs- und Auditierungsrechte vor. Durch eine transparente Lieferkette sollen gleiche Standards bei allen Lieferanten und Vorlieferanten ermöglicht werden. Langfristige Partnerschaften helfen uns, angemessene Arbeitsbedingungen zu fördern. WACKER kann soziale und arbeitsrechtliche Themen ansprechen und Verbesserungen durchsetzen, um eine angemessene Arbeitsumgebung zu schaffen. Ethische Beschaffung bei WACKER umfasst faire Löhne, geregelte Arbeitszeiten, sichere Arbeitsbedingungen und das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit. Gesteuert wird dies insbesondere über eine eigene strategische Einheit im Einkauf, die an den Einkaufsleiter berichtet.

Maßnahmen – direkte Lieferanten

Lieferantenbewertungen

Im Rahmen unserer Mitgliedschaft bei Together for Sustainability (TfS) führen wir eine Überprüfung der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards bei allen Schlüssellieferanten sowie sämtlichen direkten Lieferanten durch, die durch unsere Risikoanalyse als erhöht riskant für Verletzungen bei Ausübung der Geschäftstätigkeit identifiziert wurden. Unsere Risikoanalyse basiert auf dem MVO-Checker, den die Bundesregierung als geeignetes Tool empfiehlt. Wir berücksichtigen die Merkmale Lieferantenstatus bzw. Einkaufsvolumen, Land bzw. Region und Produktkategorie. Auch sogenannte Hot Spots (Konflikt- oder Hochrisikogebiete) sind integriert; diese können jährlich oder nach Bedarf angepasst werden.

Zum Stichtag Ende 2024 verfügen insgesamt 970 Lieferanten über gültige EcoVadis-Assessments. Bei 65 Prozent der Lieferanten hat sich die Bewertung gegenüber der vorangehenden Bewertung verbessert. Der Durchschnittswert aller EcoVadis-Scores der WACKER Lieferanten betrug 59 Punkte.

Lieferantenbewertung – Ergebnisse

Ergebnisse

 

2024

 

2023

 

Veränderung in %

 

 

 

 

 

 

 

Gültige Assessments

 

970

 

1.044

 

-7,1

Durchschnittliches Ergebnis

 

59

 

57

 

3,5

Verbesserungsquote (%)

 

65

 

63

 

3,2

Konzernziel: 100 Prozent unserer Schlüssellieferanten erfüllen WACKER Mindestanforderungen bis 2030

%

 

2024

 

2023

 

 

 

 

 

Schlüssellieferanten mit gültigem Assessment oder Audit

 

93

 

90

Erfüllung WACKER Mindestanforderungen

 

84

 

79

Verbindliche Bestätigung Supplier Code of Conduct

 

97

 

90

WACKER erwartet von allen Schlüssellieferanten, dass sie regelmäßig (spätestens alle drei Jahre) eine positive Nachhaltigkeitsleistung nachweisen. Diese definierten Schlüssellieferanten decken knapp 80 Prozent des globalen Einkaufsvolumens ab. Der Nachweis ist entweder durch ein EcoVadis-Assessment mit einem Mindestergebnis von 46 Punkten und/oder ein TfS-Audit ohne wesentliche Abweichungen zu erbringen. Dabei prüfen wir die Teilbereiche Nachhaltigkeitsmanagement, Umweltpraktiken, Arbeits- und Menschenrechte, Ethik sowie nachhaltige Beschaffung.

Bis 2030 streben wir an, dass alle unsere Schlüssellieferanten unsere Nachhaltigkeits-Mindestanforderungen erfüllen. Dieses Ziel ist maßnahmenbezogen. Unsere Ziele verfolgen wir in monatlichen Managementberichten. Die Ziele bzw. die Erreichung des eigenen Ziels kommunizieren wir an unsere Lieferanten über individuelle Meetings, Lieferantentage oder den Geschäftsbericht.

Abhilfemaßnahmen und Verbesserungen

Ergeben sich aus der Überprüfung der Lieferanten Handlungsfelder, so identifiziert der jeweilige Einkäufer die zu treffenden Maßnahmen und dokumentiert diese mitsamt entsprechender Erfüllungsfristen in einer eigens entwickelten Watchlist.

Als risikobasierte Abhilfemaßnahmen kommen u. a. in Betracht:

  • (wiederholtes) Assessment und/ oder TfS-Audit,
  • Durchführung von Eskalationsgesprächen mit den Lieferanten bzw. intern mit den Geschäftsbereichen/ Stakeholdern
  • Erarbeitung und Akzeptanz eines Verbesserungsplanes inklusive konkreter Abhilfemaßnahmen mit dem Lieferanten,
  • vorübergehender Auftragsstopp,
  • Beendigung der Geschäftsbeziehung als Ultima Ratio.

Unseren grundsätzlichen Ansatz hierzu beschreiben wir im Kapitel ESRS G1 – Unternehmenspolitik.

Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Verdachtsfälle von Menschrechtsverletzungen rechtszeitig gemeldet und aufgedeckt werden. Den Fortschritt und Status verfolgen wir durch Gespräche oder wiederholte Audits mit den jeweiligen Lieferanten. Ergebnisse und Maßnahmen werden in einem WACKER internen Dashboard dokumentiert und verfolgt.

Innerhalb der TfS-Initiative haben wir uns auf eine Verbesserungsquote von 60 Prozent festgelegt. Dies messen wir über die EcoVadis Bewertung (Verbesserung des Scores im Reassessment). 2024 haben wir mit 65 Prozent diesen Zielwert übertroffen. Ab 2025 werden wir den Fokus auf Lieferanten mit einem schlechteren Ergebnis bei Assessments sowie Audits legen. Wir haben hierfür neue Ziele definiert, die vorsehen, eine Verbesserungsquote von 70 Prozent bei Assessments zu erreichen und bei TfS-Audits mit wesentlichen Abweichungen einen Fortschritt bei der Nachverfolgung bei 25 Prozent zu erzielen bzw. 28 Prozent davon vollständig abzuschließen. Unsere Ziele liegen damit über dem TfS-Durchschnitt.

Die Lieferantenbewertungen werden von einer speziell eingerichteten Abteilung im Einkauf validiert. Der Leiter Einkauf und Logistik ist für die Freigabe der Bewertungen verantwortlich und berichtet direkt an den Vorstand. Der Einkauf erhält Unterstützung vom Menschenrechtsbeauftragten, der regelmäßig Stichproben durchführt und beratend zur Seite steht. Außerdem berichtet die Einkaufsabteilung regelmäßig an das Menschenrechtskomitee, in dem Verbesserungsvorschläge gemeinsam besprochen werden.

Außerdem erwarten wir von allen unseren Schlüssellieferanten, dass sie den Supplier Code of Conduct verbindlich bestätigen. Neue Lieferanten müssen ein Managementsystem nach ISO 9001 (Qualität), ISO 14001 (Umweltschutz) oder vergleichbaren Zertifikaten (z. B. GMP: Good Manufacturing Practice) nachweisen.

Schulung und Weiterbildung

Um Verbesserungen bei unseren Lieferanten zu begleiten und sie bei der Umsetzung nachhaltiger Praktiken zu unterstützen, laden wir unsere direkten Lieferanten themenbezogen und kontinuierlich zur TfS Academy ein und messen einmal pro Jahr deren Nutzung. Besonderer Fokus liegt bei den Schulungen und Weiterbildungen auf dem Thema „Arbeitssicherheit und Gesundheit“.

Maßnahmen – indirekte Lieferanten

Wir setzen uns dafür ein, Menschenrechtsverletzungen im Rahmen unserer Rohstoffbeschaffung auch über unsere direkten Lieferanten hinaus, insbesondere bei Konfliktmineralien oder Palm(kern)öl, zu verhindern.

Konfliktfreie Mineralien

Um schwerwiegende Probleme und Vorfälle im Zusammenhang mit Menschrechten auch bei unseren indirekten Lieferanten auszuschließen, prüfen unsere direkten Lieferanten mindestens einmal jährlich die Ursprungsmine für die definierten Konfliktmineralien Gold, Zinn, Tantal und Wolfram und teilen uns das Ergebnis mit.

Die Responsible Minerals Initiative (RMI) hat hierzu das CMRT-Formular entwickelt. Das System ermöglicht einen transparenten Informationsfluss von der Herkunft der Materialien bis hin zum Schmelzer und Veredler.

Wir haben im Berichtszeitraum keine Hinweise darauf erhalten, dass unsere Materialien aus nicht konformen Minen stammen.

Palm(kern)öl

Palm(kern)öl steht in der Kritik, da bei der Gewinnung oft Menschenrechte- und Umweltschutzrichtlinien nicht eingehalten werden. Obwohl WACKER keine großen Mengen an Palm(kern)ölderivaten bezieht, streben wir an, dass dieser Rohstoff aus nachhaltigen, zertifizierten Quellen stammt. Wir setzen Palm(kern)öl in Form verschiedener Fettsäuren/-alkohole oder ihrer Derivate ein.

Die Initiative RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) fördert nachhaltige Praktiken in der globalen Palmölindustrie. Zertifizierte Produzenten müssen ein Kontrollsystem für den Materialfluss vorweisen und sich verpflichten, Menschenrechte einzuhalten, Emissionen zu reduzieren, keine Wälder für Plantagen abzuholzen und nicht in Torfgebieten anzubauen. Im Jahr 2021 haben wir uns erstmals nach RSPO zertifizieren lassen und setzen verstärkt RSPO-zertifizierte Rohstoffe ein. Bis 2030 möchten wir 100 Prozent zertifiziertes Palm(kern)öl einsetzen, ausgenommen Rohstoffe mit sehr geringen Mengen an Palm(kern)öl. Unseren Fortschritt berichten wir im jährlichen ACOP (Annual Communication on Progress).

Wirksamkeit und Erkenntnisse aus unseren Assessments und Audits

Die Wirksamkeit unserer Maßnahmen können wir anhand der Ergebnisse aus TfS-Assessments und -Audits bzw. den Lieferantengesprächen genau nachvollziehen. Diese sind auch Teil unserer allgemeinen Lieferantenbewertung und werden so direkt an den Lieferanten kommuniziert.

Wir haben keinen vollständigen Einblick in die Einhaltung von Menschenrechten und die Arbeitsbedingungen in unserer Lieferkette. Erkenntnisse zu unseren Hauptlieferanten sowie den durch die Risikoanalyse identifizierten Lieferanten zeigen jedoch aktuell keine Anzeichen von Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Kinder- oder Zwangsarbeit. Dies gilt analog für unsere nachgelagerte Wertschöpfungskette. Es sind uns auch keine Fälle der Nichteinhaltung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit oder der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, an denen Arbeitskräfte der Wertschöpfungskette beteiligt sind, in unser vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette bekannt.

Verfahren zur Einbeziehung der Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette

Im TfS-Protokoll für soziale Audits, das wir als den Standard für die chemische Industrie ansehen, sind Interviews mit den Mitarbeitenden der Lieferanten festgelegt. Der Auditor wählt am Audittag spontan eine Stichprobe aus den anwesenden Arbeitskräften aus, wobei bevorzugt Produktionsmitarbeitende ausgewählt werden, um eine vorherige Beeinflussung zu vermeiden. In den Interviews werden insbesondere die Themenkomplexe Arbeitsbedingungen, Gesundheit und Arbeitssicherheit sowie Entlohnungskriterien abgefragt. Negative Äußerungen können das Gesamtergebnis beeinflussen und als negative Feststellung in den Auditbericht übernommen werden. Hier greifen schließlich wieder die oben beschriebenen Abhilfemaßnahmen. Diese Audits finden regelmäßig, mindestens alle drei Jahre statt, bei entsprechenden Auffälligkeiten häufiger. Wir haben Zugriff auf 66 gültige Audits und haben 2024 selbst 39 Audits initiiert.

Zusätzlich nutzen wir jährlich stattfindende Lieferantentage, um Informationen bereitzustellen und Rückmeldungen einzuholen.

Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette können Ihre Bedenken jederzeit über das Hinweisgebersystem adressieren. Das Hinweisgebersystem ist auf der Homepage von WACKER zu finden und wird ausdrücklich im Supplier Code of Conduct erwähnt. Die Kenntnis dieser Kanäle wird auch in den Mitarbeiterinterviews abgefragt. Diese Interviews werden nur mit dem Auditor geführt, es besteht jedoch die Möglichkeit, einen Beirat, zum Beispiel in Form eines Belegschaftsvertreters, hinzuzuziehen. So wird das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Struktur erhöht.

Eine ausführliche Beschreibung, auch zum Schutz von Einzelpersonen, befindet sich im Kapitel ESRS G1 – Unternehmenspolitik.