Branchenspezifische Rahmenbedingungen
Mit unseren Produkten bedienen wir eine Vielzahl von Branchen. Die wichtigsten Abnehmerbranchen sind die Chemie-, die Bau-, die Elektro- und Elektronik- sowie die Photovoltaikindustrie.
Chemische Industrie wächst langsamer
Das Wachstum in der chemischen Industrie hat sich 2022 verlangsamt. Hohe Kosten auf der einen Seite und eine abnehmende Nachfrage auf der anderen Seite haben zeitweise zu Einschränkungen bei der Chemie- und Pharmaproduktion geführt. In China kam es auf Grund der Lockdowns im Rahmen der Corona-Politik zeitweise zu Produktionsbehinderungen. In Europa führten die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten zum Teil zu Drosselungen. Der weltweite Branchenumsatz der chemischen Industrie (inkl. Pharmazeutika) lag im Jahr 2021 nach Angaben des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) bei 5,8 Bio. €. Knapp 60 Prozent der Umsätze entfielen auf Asien. In den vergangenen Jahren haben sich die Wachstumszentren immer mehr in Richtung der aufstrebenden Schwellenländer verschoben. Investitionen finden verstärkt in Ländern mit geringen Energie- und Rohstoffkosten statt. Dieser Trend hat sich fortgesetzt. Europa kann dank der Stärke im Handel und bei Innovationen vom Wachstum anderer Regionen profitieren.
In Deutschland war die chemisch-pharmazeutische Industrie im Jahr 2022 im Besonderen mit den Auswirkungen der Energiekrise konfrontiert. Die Produktion in Deutschlands drittgrößter Branche ging um sechs Prozent zurück, ohne die pharmazeutische Industrie lag das Minus sogar bei zehn Prozent. Zahlreiche Unternehmen haben die Produktion gedrosselt. Der enorme Energie- und Rohstoffkostendruck führte zwar zu einem kräftigen Anstieg der Produktpreise. Infolge waren chemische Erzeugnisse im Gesamtjahr 22 Prozent teurer als im Vorjahr. Aber die Kosten stiegen stärker als die Verkaufspreise, sodass laut einer Mitgliederbefragung des VCI Ende des Jahres bei rund 80 Prozent der Unternehmen die Gewinne zurückgingen. Der Umsatz der Branche stieg im Jahr 2022 laut dem Verband um 17,5 Prozent auf 266,5 Mrd. €.
Bauwirtschaft steigert Umsatz
Das Jahr 2022 war vor allem in der europäischen Bauwirtschaft von Lieferengpässen bei zahlreichen Bauprodukten und Baustoffen sowie steigenden Rohstoffpreisen geprägt. Insbesondere die steigenden Preise führten vielfach zu positiven Umsatzentwicklungen, während sich die abgesetzten Mengen weniger dynamisch entwickelten. Laut einer Analyse des Marktforschungsinstituts B+L Marktdaten GmbH sind die Bauinvestitionen in allen Märkten gestiegen. Im Vergleich der Regionen haben sich Südamerika, der Nahe Osten und Afrika am dynamischsten entwickelt. In Europa war die Bauwirtschaft deutlich stärker mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine konfrontiert. Weltweit wuchs das Bauvolumen nach vorläufigen Zahlen um 1,3 Prozent auf rund 9,46 Bio. US-$ (2021: 9,34 Bio. US-$).
Markt für Elektrotechnik- und Elektronikindustrie im Plus
Nach Schätzungen des Zentralverbandes der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) ist das Volumen des weltweiten Elektrotechnik- und Elektronikmarktes 2022 um elf Prozent gewachsen. Begründet wird das Umsatzplus unter anderem mit inflationsbedingt höheren Preisen. In den Industrieländern stieg das Volumen um rund neun Prozent. In den Schwellenländern fiel das Plus mit 13 Prozent noch deutlicher aus.
Photovoltaik etabliert sich als tragende Säule der weltweiten Energieversorgung
Die globale Solarbranche ist im Jahr 2022 weitergewachsen. Nach Angaben verschiedener Marktstudien sowie eigener Marktuntersuchungen wurden weltweit etwa 250 Gigawatt (GW) Leistung neu installiert (2021: etwa 170 GW). Das sind knapp 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Jahresende 2022 waren damit weltweit etwa 1,2 Terawatt (1.200 Gigawatt) Photovoltaikleistung installiert. Rund die Hälfte der Neuinstallationen wurden 2022 in China, Japan und den USA getätigt. Neben Fördermaßnahmen haben insbesondere die niedrigen Systemkosten erheblich zum weltweiten Ausbau der Photovoltaik-Installationen beigetragen. Photovoltaik ist inzwischen wettbewerbsfähig mit der Stromerzeugung aus konventionellen Energieträgern. In einzelnen Ausschreibungen in sonnenreichen Regionen lag der Handelspreis für Solarstrom bereits bei unter 15 US-$ pro Megawattstunde. Trotz der global gestiegenen Neuinstallationen blieben die Marktbedingungen in der Photovoltaikindustrie herausfordernd. In den USA und Indien sorgen Zölle auf importierte Solarzellen und Module für höhere Preise und damit für ein gebremstes Wachstum. In China wurde trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein weiteres Wachstum im Vergleich zum Vorjahr erzielt. Der hohe Wettbewerbsdruck hält auf allen Wertschöpfungsstufen an.
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Neu installierte |
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Wachstum 2022 |
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2022 |
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2021 |
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% |
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Deutschland |
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7.900 |
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5.300 |
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49 |
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Spanien |
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7.500 |
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4.900 |
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53 |
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Übriges Europa |
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29.600 |
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19.800 |
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49 |
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USA |
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18.600 |
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23.600 |
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-21 |
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Japan |
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6.500 |
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6.500 |
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– |
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China |
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87.400 |
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54.900 |
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59 |
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Indien |
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14.000 |
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12.000 |
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17 |
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Übrige Welt |
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78.500 |
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43.000 |
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83 |
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Gesamt |
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250.000 |
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170.000 |
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47 |
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Rohstoffpreise entwickeln sich uneinheitlich
Die Entwicklung der Rohstoffpreise war im Jahr 2022 gekennzeichnet durch unterschiedliche, teils gegenläufige Effekte. Die höheren Preise für Grundstoffe wie Erdöl, Erdgas und Kohle führten zu einem deutlichen Anstieg der Herstellkosten bei einer Vielzahl von Folgeprodukten. In der zweiten Hälfte des Jahres kam es auf Grund einer geringeren Nachfrage und besserer Verfügbarkeit von Rohstoffen zu Preisrückgängen. Auch auf der Angebotsseite zeigte sich ein uneinheitliches Bild. Während sich für viele Rohstoffgruppen das Angebot verbesserte, kam es bei einigen anderen Rohstoffen zu Einschränkungen auf Grund technischer Probleme. Auch die hohen Energiekosten sorgten in einigen Bereichen für einen Mangel an Rohstoffen. Insgesamt führten die gestiegenen Rohstoffpreise im Jahr 2022 bei WACKER aber zu Mehrkosten in Höhe von etwa 800 Mio. € (ohne Energie) im Vergleich zum Vorjahr.
Bei den für WACKER wichtigen Rohstoffen Ethylen und Methanol entwickelten sich die Preise größtenteils parallel zur Kostenentwicklung der zur Herstellung benötigten Grundstoffe. Die Marktpreise für den Schlüsselrohstoff Vinylacetat hielten sich durch die vor allem im 1. Halbjahr hohen Preise für das Vorprodukt Essigsäure auf sehr hohem Niveau. Grund hierfür waren die hohen Preiszuschläge auf Grund von technischen Produktionsausfällen in der westlichen Hemisphäre. Im 2. Halbjahr entspannte sich die Angebotssituation für Essigsäure. Das führte auch zu sinkenden Marktpreisen für Vinylacetat. Nachdem die Marktpreise für metallurgisches Silicium Ende 2021 auf Grund knapper Verfügbarkeit sehr hoch waren, sind sie im Verlauf des Jahres 2022 gesunken. Sie kehrten jedoch nicht auf das Niveau der Vorjahre zurück, sondern waren doppelt so hoch wie in den Vorjahren. Verantwortlich dafür waren deutlich höherer Produktionskosten vor allem für Strom und Kohle. Nachdem WACKER im Jahr 2021 auf Grund bestehender Verträge davon noch nicht betroffen war, hatten wir im Jahr 2022 deutliche Kostensteigerungen zu verkraften.
Preise für Strom, Erdgas und CO2 massiv gestiegen
Die Preise für Kohle und Erdgas sind im Jahr 2022 weltweit auf historische Höchststände gestiegen, bei ebenfalls historisch hoher Volatilität. Durch den Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Verknappung des Erdgasangebots in Europa hat sich der Erdgaspreis in der Spitze auf mehr als das Zehnfache des historischen Durchschnittes erhöht. Da Erdgas der zumeist preissetzende Brennstoff in der Stromerzeugung ist, stiegen auch die Strompreise um einen entsprechenden Faktor an. Neben dem Anstieg der Stromerzeugungskosten wirkte sich auch eine Angebotsverknappung durch geringe Verfügbarkeit französischer Kernkraftwerke preistreibend auf den Strompreis aus.
Der Preis für Kohle stieg auf Grund einer höheren Nachfrage ebenfalls an. Im Gegensatz zu Kohle und Erdgas erhöhten sich die Rohölpreise nur leicht und blieben im Monatsdurchschnitt unter 120 US-$ pro Barrel. Der CO2-Preis stieg zeitweise auf über 90 € pro Tonne, aber lag im Durchschnitt bei rund 80 € pro Tonne. Gründe waren hier die sich verschärfende Regulierung sowie eine hohe Nachfrage auf Grund höherer Emissionen aus Kohle und Erdölprodukten.
Im 4. Quartal 2022 gingen die Erdgas- und Strompreise in Europa deutlich zurück. Ursachen waren ein moderater Erdgasverbrauch und gute Zuflüsse durch Flüssiggas. Ende 2022 waren die Preise aber immer noch vier Mal so hoch wie vor Beginn des Ukrainekrieges. Auf Grund bestehender Lieferverträge und Preissicherungen war WACKER von den massiven Erhöhungen der Preise nur zum Teil betroffen. Trotzdem beliefen sich die preisbedingten Mehrkosten für Energie im Jahr 2022 auf etwa 470 Mio. € im Vergleich zum Vorjahr. Die Energiekosten haben sich damit in etwa verdoppelt.