Polysilicium
In der Reinheit steckt unser Erfolg
Für leistungsfähige Halbleiter und Solarzellen ist es unverzichtbar: Polysilicium. WACKER ist das einzige europäische Unternehmen, das in diesem wettbewerbsintensiven Geschäft zu den weltweiten Marktführern zählt. Das liegt vor allem an der außergewöhnlich hohen Qualität, die WACKER seinen Kunden bietet. Mit seinen hocheffizienten Produktionsprozessen und seinem kompromisslosen Qualitätsanspruch gelingt es dem Unternehmen, trotz der hohen Energiepreise in Europa seine Position zu behaupten und weiter auszubauen.
In der Anlage ist es für eine Produktionsumgebung ungewöhnlich still. Nur ein leises Summen geben die Reaktoren von sich. Sie stehen in langen Reihen in einer Halle, die etwa so groß ist wie zehn Tennisplätze. Ein Anlagenfahrer wirft einen kurzen Kontrollblick durch die kleinen, runden Sichtfenster der übermannshohen Metallglocken, aus denen es orangefarben leuchtet. Ansonsten ist die Produktionshalle menschenleer.
Wir stehen in der Abscheidehalle, dem Herzstück der Polysiliciumherstellung in Burghausen. Die Reaktoren arbeiten nach dem „Siemens-Verfahren“. Bei einer Temperatur von etwa 1.000 Grad Celsius scheidet sich aus dem zugeführten Trichlorsilan an Impflingsstäben das hochreine Polysilicium ab. Nach mehreren Tagen sind die Stäbe dann auf den gewünschten Durchmesser angewachsen. Die Reaktoren werden abgeschaltet und geöffnet, die Polysiliciumstäbe entnommen, zerkleinert und für Halbleiteranwendungen zusätzlich noch aufwendig gereinigt. Fertig verpackt gehen die Polysiliciumstücke an die Kunden – Hersteller von Halbleiter- und Solarwafern in aller Welt.
Was so simpel klingt, ist in Wahrheit ein sehr komplexer Prozess, der Hochtechnologie und vor allem jahrzehntelange Erfahrung erfordert. „Die Produktionsanlagen, die wir hier sehen, sind fast vollständig Eigenentwicklungen“, sagt Tobias Brandis nicht ohne Stolz. „Schon seit Ende der 1950er-Jahre stellt WACKER Polysilicium her, zuerst in Burghausen, seit 2011 auch in Nünchritz und seit 2016 im US-amerikanischen Charleston.“
„Bei Polysilicium für Halbleiteranwendungen ist WACKER mit großem Abstand die Nummer 1 am Weltmarkt.“
Heute, so der promovierte Jurist, der den Geschäftsbereich WACKER POLYSILICON seit 2017 leitet, sei WACKER einer der Weltmarktführer in diesem Geschäft. Ganz besonders trifft das bei Polysilicium für Halbleiter zu, das nochmal wesentlich reiner sein muss als das Material für Solarzellen. „Hier ist WACKER mit großem Abstand die Nummer 1 am Markt und der einzige Anbieter, der für alle Produktionsverfahren entsprechende Produkte in seinem Programm hat – von Polysiliciumstücken in unterschiedlichen Größen für das sogenannte Tiegelziehen bis zu Polysiliciumstäben für das Zonenziehen. Fast jeder zweite Mikrochip auf der Welt wird mit unserem Polysilicium hergestellt, egal ob er im Superrechner, im Smartphone oder im Auto steckt“, erklärt Brandis.
Auf die Frage nach dem Erfolgsrezept, mit dem sich WACKER diese Marktstellung erarbeitet hat, hat Brandis eine klare Antwort parat: „Qualität, Qualität und nochmals Qualität.“ Alles dreht sich um die Reinheit des Polysiliciums. Sie ist die unverzichtbare Voraussetzung für immer leistungsfähigere Mikrochips. Das beginnt schon bei der Herstellung des Ausgangsstoffes. Metallurgisches Silicium wird mithilfe von Chlorwasserstoff in flüssiges Trichlorsilan umgewandelt und danach in hohen Destillationskolonnen gereinigt. Andere Stoffe wie Eisen, Kupfer, Nickel, Bor oder Phosphor, die im Siliciummetall noch enthalten sind, werden dabei so gut wie vollständig entfernt. Denn je reiner das Polysilicium ist, desto kleiner und schneller können die Mikrochips gebaut werden. „Wir reden hier von Konzentrationen kritischer Verunreinigungen im Parts-per-trillion-Bereich“, erläutert der Geschäftsbereichsleiter. Ein ppt entspricht dabei einer Konzentration von zehn Gramm Zucker in zehn Milliarden Litern Wasser – so viel, wie eine Million Tanklaster fassen können.
Polysilicium in Halbleiterqualität herzustellen ist eine Kunst, die neben WACKER nur ganz wenige andere Produzenten beherrschen. Doch das allein reiche noch nicht aus, um am Markt erfolgreich zu sein, schränkt Brandis ein: „Der zweite Hebel, das sind die Kosten.“ Mit seiner Produktion in Deutschland hat WACKER hier gegenüber seinen Konkurrenten in anderen Regionen einen klaren Standortnachteil. Denn die Herstellung von Polysilicium ist äußerst energieintensiv. „Strom ist für uns der mit Abstand größte Posten bei den Herstellungskosten“, bringt es Brandis auf den Punkt. In China, wo die meisten Polysilicium-Wettbewerber von WACKER für Solarmaterial beheimatet sind, seien die Strompreise um den Faktor vier bis fünf niedriger als in Europa. Aber auch in den USA und in anderen Ländern Asiens ist Strom deutlich günstiger als in Deutschland.
Eine Antwort von WACKER auf diese Herausforderung liegt in der Verbundproduktion. Neben- und Abfallprodukte werden wieder in den Produktionskreislauf eingespeist oder zu anderen Produkten verarbeitet. Gleichzeitig reduziert ein ausgefeiltes Energiemanagement den Stromverbrauch. So wird beispielsweise mit der Abwärme, die beim Abkühlen des Polysiliciums entsteht, Dampf für die Destillation erzeugt. Über die Jahrzehnte hat WACKER die Energieeffizienz seiner Polysiliciumproduktion immer weiter optimiert. „Für die Herstellung von einem Kilogramm Polysilicium brauchen wir heute nur noch halb so viel Energie wie noch vor 20 Jahren“, sagt der Geschäftsbereichsleiter.
Kompromisslose Qualität und Energieeffizienz in der Produktion, das ist die Formel, mit der WACKER seine Marktstellung bei Polysilicium für Halbleiter und Solarzellen mit höchstem Wirkungsgrad in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut hat. „Unsere Mengen bei Halbleiter-Poly haben wir seit 2017 verdoppelt – und dabei unsere Gesamtkosten um ein Viertel reduziert“, sagt Brandis und gibt damit gleichzeitig die Marschrichtung für die Zukunft vor. Bis zum Jahr 2030 will der Geschäftsbereich seine Produktionsmengen bei Halbleitermaterial nochmals deutlich steigern. Gleichzeitig soll auch die Qualität noch weiter erhöht werden, um die Halbleiterindustrie bei ihren nächsten Entwicklungsschritten zu begleiten. Ziel ist es, bis zum Ende dieser Dekade eine EBITDA-Marge von mehr als 30 Prozent zu erwirtschaften und zweimal die Kapitalkosten zu verdienen. Um das geplante Wachstum zu begleiten, erhöht der Geschäftsbereich seine Investitionen deutlich. In den kommenden Jahren sollen jährlich rund 100 Millionen Euro in Ausbaumaßnahmen investiert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Kapazitäten und den Qualitätsmaßnahmen beim Halbleitermaterial.
„Der Bedarf an Halbleiterwafern wird in den kommenden Jahren nochmals deutlich zunehmen.“
Dass die Perspektiven für das geplante Wachstum sehr gut sind, weiß Wolfgang Storm. Er ist im Polysiliciumgeschäft das, was man in der Seefahrt einen „ganz alten Fahrensmann“ nennen würde. Der promovierte Physiker kam schon 1996 zur Chemitronic, dem Vorläufer der heutigen Siltronic AG, und arbeitet seit 2009 bei WACKER POLYSILICON im strategischen Marketing. Storm analysiert den Halbleiter- und Solarmarkt bereits seit Jahrzehnten und hat hier schon viele Höhen und Tiefen miterlebt.
„Ich habe keinen Zweifel daran, dass der Bedarf an Halbleiterwafern in den kommenden Jahren nochmals deutlich zunehmen wird“, ist der Marktexperte überzeugt. Nach seinen Schätzungen wurden im vergangenen Jahr weltweit Halbleiterwafer mit einer Fläche von rund 115 Milliarden Quadratzentimetern verkauft – etwa so viel wie 1.600 Fußballfelder. 2030 werden es voraussichtlich ungefähr 170 Milliarden Quadratzentimeter sein, also rund 50 Prozent mehr als heute. „Natürlich wird dieses Wachstum nicht linear verlaufen, wir werden wie in der Vergangenheit Schwankungen sehen, aber der Trend ist eindeutig“, meint Storm. Der Treiber ist die immer weitere fortschreitende Digitalisierung mit neuen Anwendungen in allen Lebensbereichen. Und mehr Wafer bedeuten ganz automatisch auch einen entsprechend größeren Bedarf bei Polysilicium höchster Qualität.
In die Karten spielt WACKER dabei, dass die Anforderungen der Halbleiterindustrie an ihre Polysiliciumlieferanten ständig zunehmen. Die Strukturen der Mikrochips, die sogenannten Design Rules, werden immer kleiner, um noch mehr Transistoren auf ihnen unterzubringen und sie so noch leistungsfähiger zu machen. „Wir reden inzwischen bei den 300-Millimeter-Wafern von einer Design Rule von zwei Nanometern – ein 25-Tausendstel eines menschlichen Haares“, verdeutlicht Storm. Machbar, so der Marktexperte, sei das nur mit Polysilicium, das so gut wie keinerlei Verunreinigungen mehr aufweist. Ähnlich hoch sind die Anforderungen bei der Herstellung von CMOS-Image-Sensoren, also den lichtempfindlichen Chips in Smartphone-Kameras oder bei Filtern für den 5G/6G-Mobilfunk, ohne den es kein autonomes Fahren geben wird.
Dass durch das erwartete Wachstum der Halbleiterindustrie kurzfristig neue Wettbewerber im Geschäft mit Polysilicium für solche anspruchsvollen Anwendungen entstehen könnten, hält Storm für unwahrscheinlich: „Im Grunde könnten außer WACKER nur ganz wenige andere Unternehmen derartig ultrareines Polysilicium überhaupt in relevanten Mengen herstellen. Und der Qualifizierungsprozess eines neuen Lieferanten für solches Material dauert in der Halbleiterindustrie Jahre.“ Beste Voraussetzungen also für WACKER, im Halbleitergeschäft dank seines technologischen Vorsprungs auch in den kommenden Jahren auf der Erfolgsspur zu bleiben.
Zonenziehen für Leistungselektronik
Leistungshalbleiter spielen nicht nur im Bereich der elektrischen Infrastruktur eine wichtige Rolle, sondern auch für die Elektromobilität. Von besonderem Interesse ist hier der „Insulated Gate Bipolar Transistor“. Diese sogenannten IGBTs finden sich vor allem in Hybrid- und Elektrofahrzeugen, in Wind- und Solaranlagen sowie in intelligenten Stromnetzen. Anders als beim sogenannten Czochralski-Verfahren wird beim Zonenziehen der Einkristall nicht aus einem Tiegel gezogen, sondern ein Polysiliciumstab mit einer Induktionsspule aufgeschmolzen. Im Kontakt mit einem Impfkristall entsteht aus dem ursprünglich polykristallinen Stab ein Einkristall. Diese Methode ermöglicht Wafer mit sehr hohen und gleichmäßigen elektrischen Widerständen bei gleichzeitig geringem Sauerstoffgehalt, wie sie für Leistungselektronik benötigt werden. WACKER bietet für das Zonenziehen als einer von ganz wenigen Polysiliciumherstellern weltweit spezielle, bis zu 230 Zentimeter lange Polysiliciumstäbe an, die hochpräzise auf einen vom Kunden vorgegebenen Durchmesser geschliffen sind. Entsprechend oberflächenbehandelt kann der Waferhersteller sie ohne weitere Vorbereitungsschritte sofort in seiner Produktion einsetzen.
WACKER POLYSILICON – Strategie & Ziele
Vorsprung durch höchste Qualität
Wachstum
Verdoppelung (Absatzmengen Halbleiter-Polysilicium)
Profitabilität
EBITDA-Marge > 30 Prozent ROCE > 2x Kapitalkosten
Investitionsschwerpunkte
Kapazitätsausbau bei Halbleiter-Polysilicium
Fokusmärkte
Halbleiterwafer, Solarzellen mit höchsten Wirkungsgraden
Bei Polysilicium für die Halbleiterindustrie ist WACKER POLYSILICON die klare Nummer eins. Nahezu jeder zweite Computerchip, der weltweit hergestellt wird, basiert heute auf dem hochreinem Polysilicium des Geschäftsbereichs. Seine Absatzmengen in diesem stark wachsenden Markt hat WACKER POLYSILICON in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt und will seine Position im Halbleiterbereich in den kommenden Jahren weiter stärken. Bis zum Jahr 2030 will der Geschäftsbereich seine Produktionsmengen bei Halbleitermaterial nochmals deutlich steigern. Gleichzeitig soll auch die Qualität noch weiter erhöht werden, um die Halbleiterindustrie bei ihren nächsten Entwicklungsschritten zu begleiten. Auch bei Polysilicium für Solaranwendungen setzt WACKER POLYSILICON konsequent auf beste Qualität. Hier zählt der Geschäftsbereich zu den wenigen Anbietern, die besonders hochwertiges Polysilicium für monokristalline Solarzellen mit höchsten Wirkungsgraden liefern können. Gleichzeitig soll die Effizienz in den Produktionsprozessen nochmals steigen, um so die Herstellungskosten weiter zu reduzieren. Im Jahr 2030 will WACKER POLYSILICON eine EBITDA-Marge von über 30 Prozent erwirtschaften und mehr als zweimal seine Kapitalkosten verdienen. Um das geplante Wachstum zu begleiten, erhöht der Geschäftsbereich seine Investitionen deutlich. In den kommenden Jahren sollen jährlich rund 100 Millionen Euro in Ausbaumaßnahmen investiert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Kapazitätserweiterungen für Halbleiter-Polysilicium. Langlaufende Kundenverträge sichern die Investments ab.