Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,
Frieden und Freiheit sind die Grundlagen für Sicherheit und Wohlstand.
Dieses Fundament ist mit der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 erschüttert worden. Der Krieg in Europa ist eine Zerreißprobe für die gesamte Welt und er hat das globale Räderwerk der Wirtschaft aus dem Gleichgewicht gebracht.
In dieser unberechenbaren und instabilen Gemengelage hat WACKER das Geschäftsjahr 2022 sehr erfolgreich gestalten können. Mit 8,2 Milliarden Euro Umsatz und einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in Höhe von 2,1 Milliarden Euro war es das mit Abstand erfolgreichste Jahr in der Geschichte des Unternehmens. Dabei haben wir heftigen Gegenwind bei den Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik zu spüren bekommen. Sie lagen 1,3 Milliarden Euro höher als im Vorjahr.
Weitere wichtige Finanzkennzahlen unterstreichen ebenfalls das starke Geschäftsjahr 2022.
Der Netto-Cashflow liegt mit rund 440 Millionen Euro weiter auf einem hohen Niveau. Hier wirken sich die deutlich gestiegenen Investitionen aus. Erneut weist WACKER ein Nettofinanzvermögen in dreistelliger Millionenhöhe aus. Es liegt bei rund 400 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss übertrifft den hohen Wert des Vorjahres nochmals erheblich und beläuft sich auf rund 1,3 Milliarden Euro.
Das wirkt sich positiv auf die Höhe der Dividende aus. Aufsichtsrat und Vorstand schlagen der Hauptversammlung im Mai eine Dividende von 12 Euro je Aktie vor. Damit schütten wir rund 50 Prozent des Konzernjahresüberschusses an Sie, unsere Aktionärinnen und Aktionäre, aus.
Die Ergebnisse, die wir im vergangenen Geschäftsjahr erreicht haben, sind nicht selbstverständlich. Sie sind ein Gemeinschaftserfolg aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von WACKER. Jeder an seinem Platz hat dazu seinen Beitrag geleistet. Ich möchte an dieser Stelle im Namen des gesamten Vorstands „Danke“ sagen. „Danke“ für die hervorragende Arbeit von allen. „Danke“ für diese großartige Teamleistung. Sie verdient größten Respekt.
WACKER hat sein Wachstum im Jahr 2022 fortgesetzt. Alle Geschäftsbereiche haben ihre Umsätze prozentual zweistellig steigern können. Dafür waren in erster Linie bessere Preise verantwortlich. In unserem Chemiegeschäft ist bei WACKER SILICONES das EBITDA in den ersten neun Monaten stark gewachsen. Im 4. Quartal bremste dann der Bestandsabbau der Kunden die Ergebnisentwicklung. WACKER POLYMERS steigerte das EBITDA auf Grund höherer Preise und positiver Produktmixeffekte um mehr als zehn Prozent. Im Biotechnologiegeschäft blieb das EBITDA trotz einem Umsatzanstieg auf erstmals über 300 Millionen Euro unter dem Vorjahr. Sondereffekte wie Integrationskosten und Anlaufkosten für das neue mRNA-Kompetenzzentrum in Halle haben das Ergebnis beeinflusst. Sehr stark entwickelt hat sich unser Polysiliciumgeschäft. Höhere Preise und eine hohe Nachfrage haben zu einem kräftigen Umsatz- und Ergebnissprung geführt.
Nicht nur im Umsatz und Ergebnis haben wir deutlich zugelegt, sondern auch bei den Investitionen. Rund 550 Millionen Euro haben wir im vergangenen Jahr in den Ausbau unserer Produktionskapazitäten in allen Regionen der Welt investiert. Der größte Anteil floss in unsere Chemiebereiche, wo wir unsere Marktposition im Geschäft mit Flüssig- und Festsiliconkautschuke weiter gestärkt haben.
Ein Leuchtturmprojekt ist dabei unser neuer Siliconestandort Panagarh in Indien, den wir im Juli 2022 in Betrieb genommen haben. Indien ist für uns seit vielen Jahren ein attraktiver Wachstumsmarkt, der weiter stark an Bedeutung gewinnen wird. In diesem Jahr übernimmt Indien den Vorsitz des Forums G20, ein Zusammenschluss der 20 größten Industrienationen der Welt. Gleichzeitig steigt der Subkontinent zum bevölkerungsreichsten Land der Erde auf. Im vergangenen Jahr ist die indische Wirtschaft um sieben Prozent gewachsen, so stark wie kein anderes Land in Asien. Dieses Beispiel zeigt: Wir sind und wir investieren in Zukunftsmärkte.
Ein weiteres Schlüsselprojekt ist der Aufbau unseres mRNA-Kompetenzzentrums in Halle. Im April 2022 sind wir von der Bundesregierung als Partner der deutschen Pandemiebereitschaft für die Herstellung von Impfstoffen auf mRNA-Basis ausgewählt worden. Das ist für uns ein großer Vertrauensbeweis. Er zeigt die Kompetenz und die Innovationsstärke unseres Geschäftsbereichs WACKER BIOSOLUTIONS. Mit dem Aufbau zusätzlicher Kapazitäten am Standort Halle öffnen wir eine neue Tür in die Medizin der Zukunft.
Alle diese Investitionen zahlen auf unsere strategischen Ziele ein, die wir im März 2022 in London dem Kapitalmarkt vorgestellt haben. Der Kern unserer Strategie lautet: mehr Tempo beim Wachstum, eine hohe Profitabilität und eine erhöhte Widerstandskraft in Zeiten des permanenten Wandels.
Eine Strategie ohne kulturelles Fundament ist wertlos. Deshalb ist die Identifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihre Einstellung, ihre Haltung und ihre Verantwortung für das Gelingen so wichtig. Nur gemeinsam lässt sich ein solches Ziel erfolgreich erreichen. Wir bei WACKER haben dieses starke kulturelle Fundament. Das gilt es zu bewahren und weiterzuentwickeln.
Bei allem, was wir tun, stehen unsere Kunden im Mittelpunkt. Entscheidend dabei ist: Wir setzen Innovationen im Sinne der Kunden um. Ohne ihr Vertrauen wäre Wachstum nicht möglich. Ihre Zufriedenheit ist der Schlüssel für unseren langfristigen Erfolg.
Wie sieht unsere Konzernstrategie im Einzelnen aus?
Bis 2030 soll der Umsatz auf mehr als 10 Milliarden Euro wachsen. Die Treiber für dieses Wachstum sind höhere Mengen und ein besserer Produktmix. Bisher lag die durchschnittliche prozentuale Wachstumsrate zwischen vier und fünf Prozent pro Jahr. Künftig soll sie um den Faktor 1,5 bis 2 höher liegen.
WACKER setzt auf eine hohe Ertragskraft. Hier peilen wir bis 2030 eine EBITDA-Marge von über 20 Prozent an. Gemessen am eingesetzten Kapital wollen wir die Kapitalkosten zwei Mal verdienen.
Ein wesentlicher Baustein unserer Strategie sind höhere Investitionen. Sie sind ein wichtiges Sprungbett, um unsere Ziele zu erreichen. WACKER verfügt dafür über die notwendige finanzielle Stärke. Unsere Investitionen liegen in den nächsten Jahren deutlich über den Abschreibungen. Mehr als 400 Millionen Euro gehen in unsere Chemiebereiche WACKER SILICONES und WACKER POLYMERS. In den Bereich WACKER BIOSOLUTIONS sollen mehr als 80 Millionen Euro fließen. Rund 100 Millionen Euro pro Jahr sind für den Bereich WACKER POLYSILICON geplant.
Nachhaltigkeit ist ein integraler Bestandteil unserer Strategie. Schneller wachsen und nachhaltiges Wirtschaften sind für uns kein Widerspruch. Wir bei WACKER wollen beides: das Wachstum und den Weg zur Klimaneutralität. Wir haben die Messlatte für unsere Nachhaltigkeitsziele deutlich höhergelegt. Bis 2030 wollen wir unsere CO2-Emissionen um 50 Prozent verringern. In absoluten Zahlen und unabhängig vom Mengenwachstum. Im gleichen Zeitraum wollen wir unseren spezifischen Energieverbrauch und die spezifische Wasserentnahme um 15 Prozent senken.
Unser Produktportfolio soll außerdem zu 100 Prozent festgelegte Nachhaltigkeitsstandards erfüllen. Im Jahr 2045 soll WACKER klimaneutral wirtschaften.
Mit unserer Strategie haben wir den Kurs für die nächsten Jahre vorgegeben.
Das hohe Wachstum, das WACKER in den vergangenen beiden Jahren operativ vorgelegt hat, wird sich Stand heute in diesem Jahr so nicht fortsetzen lassen. Die Dynamik der Weltwirtschaft hat sich deutlich abgeschwächt. Das wirtschaftliche und politische Umfeld weltweit bleibt volatil. Überall beobachten wir derzeit Entwicklungen, deren Ausgang nicht kalkulierbar ist. Die hohen Preise für Energie insbesondere in Europa belasten unser Geschäft.
Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr bei Umsatz und Ergebnis unter dem starken Vorjahr bleiben. Der Umsatz wird in der Größenordnung von 7 bis 7,5 Milliarden Euro liegen. Das EBITDA erwarten wir zwischen 1,1 und 1,4 Milliarden Euro. WACKER wird auch in diesem Jahr mehr investieren, um die zukünftigen Wachstumschancen mit unseren Kunden bestmöglich auszuschöpfen. In den Chemiebereichen fließen die Investitionen vor allem in den Ausbau von Spezialprodukten. Im Bereich der Biotechnologie forcieren wir den weiteren Ausbau unserer Standorte. Im Polysiliciumgeschäft liegt der Fokus auf Halbleiteranwendungen.
Auch wenn wir im Moment konjunkturell eher Gegen- als Rückenwind spüren, blicken wir optimistisch in die Zukunft.
Mit unserer Strategie haben wir ein klares Ziel im Blick: mehr Tempo beim Wachstum, eine hohe Profitabilität und eine erhöhte Widerstandskraft in Zeiten des permanenten Wandels.
Wir werden unseren eingeschlagenen Weg erfolgreich fortsetzen, weil wir gut aufgestellt sind: mit unseren qualitativ hochwertigen Produkten, mit unserer starken Präsenz in allen Regionen der Welt und mit unseren hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Wir erhöhen das Niveau unserer Investitionen. Wir verfügen über den nötigen finanziellen Handlungsspielraum, um damit nachhaltig Wert zu schaffen.
Wir setzen auf Nachhaltigkeit. Das bedeutet: Wir erledigen unsere Hausaufgaben und nutzen unsere Lösungskompetenz in Sachen nachhaltige Produkte für unseren zukünftigen Geschäftserfolg.
Alle diese Faktoren eröffnen uns viele Chancen und Möglichkeiten, um weiter profitabel zu wachsen. Diese Chancen werden wir konsequent nutzen. Wir bleiben der Architekt unseres eigenen Erfolgs und setzen dabei auf Mut, Geschwindigkeit und Zuversicht.
Wir freuen uns, wenn Sie als unsere Aktionärinnen und Aktionäre uns weiter auf diesem Weg begleiten.
Für Ihr Vertrauen, das Sie uns bisher entgegengebracht haben, sage ich „Danke“ im Namen des gesamten Vorstands. Danken möchten wir all unseren Kunden und unseren Lieferanten für die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Sie sind ein wichtiger Teil unseres globalen Netzwerks.
Unsere Aufgabe ist es, WACKER Stück für Stück immer weiter nach vorne zu bringen. Ich kann Ihnen versprechen: Wir werden diesen Weg mit Begeisterung beharrlich weitergehen.
München, im März 2023
Dr. Christian Hartel
Vorsitzender des Vorstands der Wacker Chemie AG