Adrian – Ein historischer Ort
Die Keimzelle des Amerikageschäfts von WACKER liegt in der Kleinstadt Adrian in Michigan. Der Standort ist heute ein modernes Werk, das für verschiedene Industrien produziert, unter anderem Hightech-Silicone für die Medizintechnik und für Kosmetikprodukte. Doch auch viel Geschichte ist dort gegenwärtig.
Region Amerika
Ein historischer Ort
Die Keimzelle des Amerikageschäfts von WACKER liegt in der Kleinstadt Adrian in Michigan. Der Standort ist heute ein modernes Werk, das für verschiedene Industrien produziert, unter anderem Hightech-Silicone für die Medizintechnik und für Kosmetikprodukte. Doch auch viel Geschichte ist dort gegenwärtig.
Produkte
Siliconrohstoffe, Siliconöle, Emulsionen
Mitarbeiter
540
Fläche
970.000 m2
Ab und zu kommen Besuchergruppen auf das Werksgelände und fühlen sich in die amerikanische Geschichte zurückversetzt.
Mit WACKER hat diese Vergangenheit allerdings nichts zu tun. Sutton Place, so heißt das ehemalige Wohnhaus auf dem Werksgelände in Adrian, wurde 1853 gebaut. Kurz vor Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs flohen damals Tausende von Sklaven aus den Südstaaten nach Norden. Sie wurden unterstützt von einem Netzwerk aus Gegnern der Sklaverei, die sie vor Kopfgeldjägern versteckten. Eines dieser Verstecke war ein geheimer Kellerraum im Sutton Place.
Keimzelle des Amerikageschäfts
Für WACKER ist Adrian ebenfalls ein Ort mit Geschichte. Schon seit 1969 stellt der deutsche Chemiekonzern hier im Bundesstaat Michigan Silicone her. Zuerst in einem Joint Venture mit einem US-amerikanischen Partner, seit 1987 als alleiniger Anteilseigner. Es ist der älteste Produktionsstandort von WACKER in den USA, Keimzelle des Geschäfts auf dem amerikanischen Kontinent, wo der Konzern aktuell rund ein Fünftel seines Gesamtumsatzes erwirtschaftet.
Zu Beginn war vor allem die Nähe zu den großen Automobilherstellern in Detroit wichtig. Ein Großteil der dort hergestellten Silicone wurde in amerikanischen Straßenkreuzern verbaut. Heute liefert WACKER Siliconrohstoffe, -öle und -emulsionen aus Adrian an eine Vielzahl unterschiedlicher Industrien auf dem amerikanischen Kontinent. Daneben ist die Kleinstadt der nordamerikanische Hauptsitz der Wacker Chemical Corporation. Hier arbeiten Mitarbeiter in den Bereichen Verwaltung, Finanzen, Marketing, Vertrieb und Technik. Es gibt eine WACKER ACADEMY und auch der Bereich WACKER BIOSOLUTIONS hat hier seine US-Zentrale.
Von seinem Büro mit Blick ins Grüne aus steuert der neue Präsident und CEO David Wilhoit seit Anfang 2015 die Geschäfte in Nord- und Mittelamerika sowie Norte Andino. Für den gebürtigen Kalifornier ist Adrian ein echter Kontrast zu seinem vorherigen Arbeitsort in Singapur, wo er für die Siltronic AG ein Joint Venture mit Samsung geleitet hat. „Wahrscheinlich sind sich Kalifornien und Singapur sogar ähnlicher als Kalifornien und Michigan“, lacht er.
Ländliches Ambiente
Wer auf der ländlichen Sutton Road am Firmengelände vorbeifährt, kann kaum ahnen, dass hinter dem niedrigen Zaun ein Chemiewerk steht. Weitläufige Rasenflächen, prächtige alte Bäume, ein paar parkende Autos, eine amerikanische Flagge am Fahnenmast.
Doch die Idylle zeigt nicht das ganze Bild. Wer schon 1987 in der Produktion dabei war, weiß, welche Entwicklung der WACKER-Standort genommen hat. Aus 300 Mitarbeitern sind heute rund 560 geworden. Die Siliconmixer, die aussehen wie übergroße Küchenmaschinen, wurden teilweise schon bald auf Dauerbetrieb umgestellt. Auch zahlreiche neue Produktionshallen, Lager und Verwaltungsgebäude sind seither entstanden.
Heute weisen die grünen Straßenschilder die Werksstraßen als „Innovation Highway“ oder „Silicone Valley“ aus. Die Produktionshallen sind extrem sauber. Das sah in der Zeit vor WACKER ganz anders aus, erinnern sich langjährige Mitarbeiter.
„Die USA sind der zweitgrößte Chemiemarkt der Welt. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir auch Silicone für spezielle Anwendungen.“
Die Mitarbeiter der ersten Stunde in Adrian erzählen aber auch, dass die Zusammenarbeit mit den Deutschen anfangs durchaus kompliziert sein konnte. Deren Arbeitsweise war eher langsam, fanden die Amerikaner, weil die Deutschen Themen gelegentlich überanalysierten. Im Gegenzug konnten es die deutschen Kollegen nicht verstehen, dass der Planungshorizont der US-Teams in der Regel ungewöhnlich kurz war.
Heute verstehen sich die Mitarbeiter in Adrian wie ihr Chef David Wilhoit als Teil eines weltweiten Teams. Auch das Silicongeschäft in Adrian ist viel internationaler geworden. Neben den USA, dem zweitgrößten Chemiemarkt der Welt, stehen auch Kanada, Mexiko und Mittelamerika und der nördliche Teil Südamerikas immer mehr im Fokus.
David Wilhoit berichtet begeistert von den kleinen Siliconstandorten in Chino und North Canton. Die beiden Betriebe stellen Siliconkautschuk für Kunden her, die maßgeschneiderte Produkte brauchen. „Wir können hier gemeinsam mit den Kunden Spezialprodukte entwickeln, schnell reagieren und auch kleine Mengen liefern“, erzählt Wilhoit. Die Anlagen stellen zum Beispiel extrem zuverlässiges und langlebiges Silicon für die Abdichtung von Flugzeugfenstern her.
Großes Potenzial
Im Gesundheitssektor sieht David Wilhoit für die Silicone noch viel Potenzial. Er verspricht sich zum Beispiel einiges von neuen Spezialsiliconen für die Wundversorgung. Sie sind hautfreundlich und atmungsaktiv. Vor allem aber bleiben am Silicon keine Haare oder Hautzellen hängen, die den Verbandswechsel zur schmerzhaften Angelegenheit machen können. Der Markt ist riesig.
Überhaupt sind die USA im Bereich Medizintechnik der größte Markt der Welt. Sieben der zehn größten Konzerne aus der Medizintechnik sind in den USA zu Hause. Und diese zehn größten Unternehmen machen aktuell mit 134 Milliarden US-Dollar mehr als ein Drittel der weltweiten Umsätze, sagen die Marktforscher von Evaluate Ltd.
Für die Mitarbeiter in Adrian ist die Entwicklung neuer Geschäftsfelder eine spannende Herausforderung. Einige von ihnen sind dabei, seit WACKER 1969 die ersten Silicone aus Adrian verkaufte. In manchen Familien gibt es schon mehrere Generationen von Mitarbeitern. Die Verbindung mit der Gemeinde ist ebenfalls seit Jahrzehnten eng und vertraut. Auch wenn WACKER im Laufe der Jahrzehnte zum Global Player geworden ist – für die Menschen in der Umgebung ist der Konzern nach wie vor ein lokales Unternehmen.
Für David Wilhoit ist diese enge Verbundenheit mit dem Unternehmen und der Gemeinde bemerkenswert. „Firmenzugehörigkeit wird überall auf der Welt unterschiedlich ausgedrückt“, erzählt er. „In Adrian sind sich alle sehr verbunden.“ Der CEO war daher sehr beeindruckt, dass 2014 zum Tag der offenen Tür 1.200 Besucher auf das Firmengelände kamen. Seinen Mitarbeitern aus dem Einkauf, die im historischen Sutton House ihre Schreibtische haben, hat das auch gefallen. Aber sie sind schon lange an den Besuch von Lieferanten und Nachbarn gewöhnt, die im Keller eines deutschen Chemieunternehmens nach Spuren amerikanischer Geschichte suchen.