Forschung und Entwicklung
Mit seiner Forschung und Entwicklung verfolgt WACKER drei Ziele:
- Wir suchen nach Lösungen für die Bedürfnisse unserer Kunden, um einen Beitrag zu deren Markterfolg zu leisten.
- Wir optimieren unsere Verfahren und Prozesse, um in der Technologie führend zu sein und nachhaltig zu wirtschaften.
- Wir konzentrieren uns darauf, innovative Produkte und Anwendungen für neue Märkte zu schaffen sowie Zukunftsfelder zu bedienen, u.a. die steigende Mobilität, die Urbanisierung, die Digitalisierung und der Wohlstandszuwachs.
Forschung entlang der Wertschöpfungskette
Bei unseren Forschungs- und Entwicklungsprojekten betrachten wir die Nachhaltigkeitsaspekte der neuen Produkte und Verfahren. Beispiele dafür, wie wir ökologisch vorteilhafte Rohstoffe einsetzen:
- Neuartige Siliconharze ersetzen organische Bindemittel in Compositen; bei der Produktion von Siliconharzen vermeiden wir organische Lösungsmittel.
- In der Produktfamilie VINNEX® bietet WACKER ein Bindemittelsystem für Biokunststoffe an. Damit lassen sich Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen wie handelsübliche Thermoplaste verarbeiten. Das System verbessert die physikalischen Eigenschaften der Biokunststoffe und macht die Materialien untereinander kompatibel. Diese Polymerblends sind schlagzäh, schmelzstabil und flexibler als herkömmliche Biopolymere. Sie lassen sich beispielsweise zu Verpackungsmaterialien für Nahrungsmittel, zu Einwegbesteck, Elektrogerätebauteilen und selbstzersetzenden Garten- und Agrargefäßen verarbeiten.
Ein Großteil unserer F & E-Kosten von 183,4 Mio. € (2015: 175,3 Mio. €) entfiel auf die Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren. Unsere Wissenschaftler arbeiteten im Berichtszeitraum an rund 300 Projekten auf mehr als 30 Technologieplattformen. Die Zukunftsfelder, in denen WACKER tätig ist, sind unter anderem Energiegewinnung und -speicherung, Elektronik, Automobil, Bau, Produkte für Haushalt, Medizin/Health Care und Kosmetik sowie Nahrungsmittel und Biotechnologie.
Struktur der F&E-Aufwendungen
Öffentlich geförderte Forschungsprojekte
Einige unserer Forschungsprojekte werden durch Zuwendungen von öffentlicher Hand gefördert.
- Dazu gehört das Projekt OPERA (Organic Phosphor for Efficient Remote LED Applications) (nur englischsprachige Version), das wir im Jahr 2016 erfolgreich beendet haben. Das Ziel des von der EU mit 850.000 € geförderten Projektes OPERA war die Entwicklung von LED-basierten Lichtkomponenten, die die Lichteffizienz durch Remote-Phosphor-Technologie (Trennung des LED-Chips von der weißes Licht bildenden Phosphorschicht) steigern und z.B. als Tageslichtersatz dienen. Im Zeitraum von 2013 bis 2016 entwickelten sechs Projektpartner aus Deutschland, Finnland und den Niederlanden neuartige Lichtkomponenten für die Lichtstreuung, die Lichtreflexion sowie die Übertragung von Licht.
- Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt Forschungsvorhaben für die Energiewende. Darunter war das von 2012 bis 2015 mit 6,3 Mio. € geförderte iC4-Projekt (Integrated Carbon Capture, Conversion and Cycling). Überschüssiger Ökostrom soll dabei zur Wasserelektrolyse eingesetzt werden: Der entstehende Wasserstoff wird mit Kohlendioxid zu Methangas umgesetzt und im Gasnetz gespeichert. Neben acht Lehrstühlen der TU München und dem Fraunhofer Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik waren WACKER und Clariant sowie E.ON, Linde, MAN und Siemens beteiligt. WACKER leitete zwei von vier Teilprojekten.
- Das Ziel des Projekts SafeBatt war die Erforschung von Batteriekomponenten, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Lithium-Ionen-Batterien (LIB) für Elektrofahrzeuge zu erhöhen. Von 2012 bis 2015 entwickelten 14 Projektpartner aus Industrie und Wissenschaft Werkstoffe, Modelle, Testmethoden, Sensoren und Auswertungselektronik. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte SafeBatt mit 19 Mio. €. WACKER arbeitete in diesem Kreis an siliciumhaltigen Additiven, die den Brandschutz von Lithium-Ionen-Batterien verbessern.
- Im Verbundprojekt Alpha-Laion wurden von 2012 bis 2015 Hochenergie-Traktionsbatterien für Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Die Projektleitung lag bei Bosch, die weiteren Partner waren neben WACKER die BASF, SGL, BMW und Daimler. WACKER entwickelte in diesem Projekt siliciumhaltige Anodenmaterialien. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) förderte Alpha-Laion für drei Jahre mit 13 Mio. €.
- Bei der Umwandlung von Meereswellenenergie in elektrischen Strom können Siliconfolien eine tragende Rolle spielen. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis Januar 2015 mit zwei Mio. € geförderten Projekts EPoSil entwickelte ein von der Robert Bosch GmbH angeführtes Konsortium aus Industrie und Forschung die Grundlagen für Meereswellenkraftwerke. WACKER war als Projektmitglied für die Entwicklung und Herstellung der Siliconfolien ELASTOSIL® Film verantwortlich.
Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung
WACKER forscht und entwickelt auf zwei Ebenen: im Zentralbereich Forschung und Entwicklung sowie dezentral in den Geschäftsbereichen. Der Zentralbereich FE koordiniert diese Arbeiten unternehmensweit und bindet andere Bereiche ein, beispielsweise die Ingenieurtechnik bei der Prozessentwicklung. Unsere Forschungs- und Entwicklungsprojekte stellen wir in einem Managementprozess konzernweit transparent dar. Im Projekt System Innovation (PSI) steuern wir unsere Produkt- und Prozessinnovationen konzernweit, indem wir Kundennutzen, Umsatzpotenzial, Profitabilität und Technologieposition systematisch bewerten.
In der Forschung und Entwicklung waren im Jahr 2016 bei WACKER 1.060 Mitarbeiter (2015: 1.043 Mitarbeiter) beschäftigt. Dies sind 6,2 Prozent (2015: 6,1 Prozent) der Mitarbeiter im Konzern. Den Einsatz unserer Forscher honorieren wir auch mit Auszeichnungen.
- Den mit 10.000 € dotierten Alexander Wacker Innovationspreis verleihen wir seit dem Jahr 2006 abwechselnd in den Kategorien Produktinnovation, Prozessinnovation und Grundlagenforschung. Im Jahr 2016 zeichnete WACKER ein Team aus vier Forschern in der Kategorie Prozessinnovation aus. Sie hatten unser neues 3D-Druckverfahren zur Herstellung von Formteilen aus Silicon entwickelt. Unsere 3D-Drucktechnologie mit dem Markennamen ACEO® nutzt ein so genanntes Drop-on-Demand-Verfahren: Auf einer Unterlage deponiert der Druckerkopf winzige Silicontröpfchen. Schicht für Schicht entsteht so das Werkstück, das sich von Teilen aus Spritzguss kaum unterscheidet. Abnehmerbranchen für 3D-Druck sind zum Beispiel die Medizintechnik, der Automobilbau (z.B. für Prototypen) sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie.
- WACKER zeichnete einen Forscher vom Standort Burghausen mit dem Alexander Wacker Innovationspreis 2015 in der Kategorie Produktinnovation aus. Ihm war es gelungen, einen Produktionsprozess zur Herstellung hauchdünner Siliconfolien zu entwickeln. Die bis zu zehn Mikrometer dünnen Präzisionsfolien sind mit ihren dielektrischen (nicht leitend) Eigenschaften z.B. in der Elektronik, Robotik, Sensorik und Medizintechnik die Basis innovativer Produkte.
- Mit dem Inventor Award, der ebenfalls mit 10.000 € dotiert ist, zeichnet die Siltronic AG Mitarbeiter aus, die technologische Innovationen hervorgebracht haben. Im Jahr 2016 ging der Preis an ein Team aus zwei Mitarbeitern von Burghausen sowie einen Mitarbeiter vom Standort Freiberg. Sie hatten einen pp-Epi-Wafer entwickelt, der härter ist, weniger Spannungen im Kristallgitter aufweist und dadurch bessere Leistungen bei den hergestellten elektronischen Bauteilen erreicht. Mit dem Inventor Award 2015 würdigte die Siltronic AG Mitarbeiter, die Simulationen entwickelten, um beim Siliciumkristallziehen höhere Ausbeuten und bessere Defektkontrollen zu ermöglichen.
Zusammenarbeit mit Kunden und Forschungseinrichtungen
Unsere Geschäftsbereiche betreiben eine anwendungsnahe Forschung und Entwicklung. Sie konzentrieren sich auf Produkt- und Prozessinnovationen in der Silicon- und Polymerchemie, Biotechnologie sowie auf neue Verfahren zur Herstellung von polykristallinem Silicium. Um schneller und effizienter Forschungserfolge zu erzielen, kooperieren wir mit Kunden, wissenschaftlichen Instituten und Universitäten.
Im Jahr 2016 arbeitete WACKER bei rund 44 Forschungsvorhaben (2015: 40 Forschungsvorhaben) mit mehr als 40 internationalen Forschungseinrichtungen auf drei Kontinenten zusammen. Die Themen unserer Kooperationen sind unter anderem Stromspeicherung, Prozesssimulation und -entwicklung. Im Jahr 2015 haben wir mit Hochschulen in Braunschweig, München und Münster bei Projekten zur Stromspeicherung kooperiert.
Unter dem Namen WACKER ACADEMY bieten wir eine Plattform zum branchenspezifischen Wissensaustausch zwischen Kunden, Vertriebspartnern und WACKER-Experten. Im Fokus stehen industriespezifische Trainings zu Anwendungen unserer Geschäftsbereiche WACKER POLYMERS und WACKER SILICONES, z.B. für die Kosmetik-, Bau- und Farbenbranche. Die Nähe zu den Entwicklungs- und Testlabors fördert den Austausch und ermöglicht den Teilnehmern Praxistests vor Ort. Wir arbeiten mit der firmeneigenen Anwendungstechnik und Forschungsabteilung, aber auch mit Universitäten und Instituten zusammen, um unser Seminarangebot auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten.
Forschen für eine nachhaltige Entwicklung
Energie aus Sonne
- Polysilicium für die Photovoltaik
- Wärmeträgeröle für Solarkraftwerke
Energie aus Wind und Wasser
- Windkraft: Additive für beständigere Windflügel
- Elektroaktive Polymere für Wellenkraftwerke
Energiespeicherung und -einsparung
- Aktivmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien
- Wärmedämmmittel für den Wohnungsbau
Projekte des Zentralbereichs Forschung und Entwicklung
Ein neuer Forschungsschwerpunkt ist die Chemie des niedervalenten Siliciums. Das Institut für Siliciumchemie an der Technischen Universität München begleitet dieses Thema, um die Erkenntnisse mittel- bis langfristig in die industrielle Nutzung, beispielsweise in der Katalyse, zu überführen. Unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für siliciumhaltige Anodenaktivmaterialien in Lithiumionenbatterien sind so weit fortgeschritten, dass wir die Marktanforderungen hinsichtlich Kapazität und Zyklenfestigkeit der nächsten Batteriegeneration erfüllen. Globale Technologieführer testen unsere Materialien.
Bei unserer Technologieplattform Silicon-Copolymere setzen wir Schwerpunkte auf Herstellverfahren und Additive für Kunststoffe. Wir verbessern Eigenschaften von Gießharzen und optimieren Prozesse zur Extrusion von Kunststoffen, insbesondere mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Holz, als Füllstoff.
Mit ESETEC® 2.0 bieten wir ein effizientes Verfahren, um Antikörperfragmente für medizinische Therapien mit hohen Ausbeuten herzustellen. Ein großer Schritt unserer Forschungsarbeiten zu diesem System war, ein Element zu entwickeln, das eine stabile Fermentation ohne den sonst üblichen Einsatz von Antibiotika ermöglicht.
Innovationen von WACKER SILICONES
Neue Materialien für die Elektroisolation sowie das Wärmemanagement für verbesserte Leitfähigkeit in Elektronikanwendungen waren im Berichtszeitraum Schwerpunkte unserer Forschungsteams bei WACKER SILICONES. Elektroaktive Siliconpolymere (EAP) für Sensoren und Aktoren stehen ebenfalls im Fokus von WACKER SILICONES.
Silicone mit verbesserter Klebkraft bei sanfter Ablösung fördern die Wundbehandlung und können Wirkstoffe gezielt abgeben. Für moderne Wundauflagen haben wir hautverträgliche SILPURAN®-Silicongele entwickelt. Eine Variante dieser Auflagen enthält Plasma, das Mikroorganismen einschließlich multiresistenter Bakterien abtötet und die Wundheilung anregt.
Die Forschung von WACKER SILICONES arbeitete im Berichtszeitraum auch an unserem Verfahren, um Silicone im 3D-Druck zu verarbeiten. Einsatzmöglichkeiten sind z.B. die Fertigung von Bauteilen in der Autobranche, für Medizin und Optik oder Haushaltsprodukte.
Für die Zellstoffproduktion entwickeln wir Entschäumer, die bei geringerer Dosierung länger wirken. Bei unseren Forschungsarbeiten haben wir neue Anwendungsgebiete für Siliconharze als Bindemittel entdeckt, z.B. für Mineralwolle oder Kunststeine, auch in Außenbereichen.
WACKER POLYMERS: emissionsarme Produkte im Fokus
WACKER POLYMERS legt einen seiner Forschungsschwerpunkt auf Polymere, die das Formulieren emissionsarmer Endprodukte ermöglichen. Wir haben Produkte entwickelt oder verbessert, die frei von alkylphenol-modifizierten Tensiden (APEO), arm an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) und weitgehend frei von Formaldehyd sind. Beispiele dafür sind VAE-Dispersionspulver (Vinylacetat-Ethylen) für Anwendungen in Zement sowie auf VAE-Dispersionen basierende Produkte, z.B. für die Teppichbeschichtung oder Dichtungsmassen.
WACKER BIOSOLUTIONS mit neuen Technologien
Der Geschäftsbereich WACKER BIOSOLUTIONS hat sein Verfahren ESETEC® 2.0 eingesetzt, um ein Antikörperfragment für MedImmune, die Biopharmazeutika-Sparte von AstraZeneca, herzustellen. Unsere Technologie trägt durch hohe Produktivität und einfache Aufreinigungsprozesse dazu bei, Patienten schneller neue Medikamente zur Verfügung zu stellen.
Mit der neuen CANDY2GUM®-Technologie lassen sich in einem Kochprozess wasserbasierte, fetthaltige und natürliche Inhaltsstoffe wie Fruchtsäfte, Kakao und Kaffee in Süßwaren einarbeiten, die beim Verzehr vom Kaubonbon zum Kaugummi werden. Wir haben 3D-Druck für Kaugummi entwickelt, was individualisierbare Formen ermöglicht.
WACKER POLYSILICON setzt auf Energieeffizienz
Den neuen Produktionsstandort von WACKER POLYSILICON in Tennessee, USA, haben wir mit einer energieeffizienten Generation von Abscheidereaktoren mit höherer Ausbringung in Betrieb genommen. Die technologische Entwicklung der Solarmodule macht enorme Fortschritte. Unsere Kunden haben die Sägeverluste sowie die Waferdicke kontinuierlich reduziert.
Parallel wird der Zellwirkungsgrad erhöht. Höchste Zellwirkungsgrade können nur mit höchstreinem Polysilicium erzielt werden, wie es von WACKER POLYSILICON produziert wird. Bei multikristallinen Standardzellen liegt der Zellwirkungsgrad bei über 18 Prozent, bei monokristallinen im Bereich von 20 Prozent. Die Wirkungsgrade monokristalliner Hochleistungszellen (High Efficiency Cells) reichen von über 20 bis zu 25 Prozent. Parallel erhöhen unsere Kunden kontinuierlich den Modulwirkungsgrad. Kommerzielle Solarmodule erreichen Wirkungsgrade von bis zu 22 Prozent.
Die Energierückflusszeit – also die nötige Betriebsdauer eines Solarmoduls, um den Energieaufwand seiner Herstellung zu erzeugen – liegt je nach geografischer Lage der installierten Solarmodule zwischen sechs (Sahara) und 18 Monaten (Nordeuropa).