Fünf Fragen – auf Wachstumskurs mit Siliconen
Interview mit Dr. Robert Gnann, Geschäftsbereichsleiter WACKER SILICONES
1 –
WACKER ist im Silicongeschäft heute weltweit die Nummer zwei. Was ist Ihre Strategie für weiteres Wachstum?
Dr. Gnann: Wir haben ein klares Ziel: Mit über vier Prozent pro Jahr wollen wir auch künftig deutlich stärker wachsen als die weltweite Chemieproduktion. Mit unseren Großanlagen für Vorprodukte haben wir dafür die besten Voraussetzungen. Jetzt erweitern wir gezielt unsere Kapazitäten für Endprodukte. In den USA bauen wir gerade eine neue Anlage für pyrogene Kieselsäuren. Damit werden wir weltweit zur Nummer zwei in diesem Geschäft. Parallel dazu bauen wir unser Beratungs- und Serviceangebot für unsere Kunden weiter aus – besonders in Wachstumsregionen wie Asien oder Südamerika. Hier heißt das Stichwort „Kundennähe durch starke Teams vor Ort“. Auf der Produktseite wollen wir den Anteil an hochwertigen Spezialitäten steigern. Gleichzeitig arbeiten wir daran, unsere Technologien und Prozesse ständig zu optimieren – und damit unsere Kostenposition weiter zu verbessern.
2 –
Was macht WACKER SILICONES besser als die Konkurrenz? Anders gefragt: Wie behaupten Sie sich im Wettbewerb?
Dr. Gnann: Eine unserer großen Stärken ist unser umfassender, global aufgestellter Service für unsere Kunden, durchgeführt von Top-Spezialisten in der ganzen Welt. Wir betreiben weltweit mehr als ein Dutzend technische Kompetenzzentren auf fünf Kontinenten. Diese Nähe zum Kunden, seine Anforderungen zu kennen und zusammen mit ihm Lösungen zu entwickeln, unterscheidet uns von vielen unserer Mitbewerber.
Ein schönes Beispiel für unseren umfassenden Kundenansatz ist Südkorea. Dort haben wir ein Center of Excellence für Elektronikanwendungen, arbeiten mit weltweit führenden Elektronikkonzernen Hand in Hand an neuen Lösungen. In den USA bauen wir in Ann Arbor gerade ein neues Forschungszentrum auf. Von uns bekommt ein Kunde weit mehr als nur das Silicon. Er hat in uns einen sehr erfahrenen Berater und zuverlässigen Entwicklungspartner, der genau auf seine Bedürfnisse eingeht und ihm dabei hilft, seine Ziele zu erreichen.
3 –
Also geht es darum, Silicone immer weiter zu verbessern, ihre Eigenschaften für neue Anwendungen anzupassen?
Dr. Gnann: Ja, auch, aber nicht nur. Wir setzen ganz stark auf grundlegende Innovationen. Nehmen Sie den 3D-Druck von Siliconteilen. Bislang gab es für Silicone keine ausgereifte, industrietaugliche 3D-Drucktechnologie. Wir haben von Grund auf alles neu entwickelt – angefangen bei der Technologie über das Spezialsilicon bis zur Steuerungssoftware für den Drucker.
4 –
Das klingt nicht nach einem Geschäft, bei dem jedes Jahr Tausende von Tonnen Silicon verbraucht werden. Sehen Sie die Zukunft von WACKER SILICONES in Nischenanwendungen?
Dr. Gnann: Zunächst einmal halte ich es keineswegs für ausgemacht, dass der 3D-Druck eine Nischenanwendung bleibt. Die Technologie ist ja noch sehr jung, hat aber enormes Potenzial. Richtig ist aber: Anlagen im Weltmaßstab, wie wir sie betreiben, lassen sich allein mit Spezialprodukten nicht auslasten. Wir brauchen auch Standardsilicone, die in großen Mengen nachgefragt werden. Hier kommt es darauf an, in gleichbleibend hoher Qualität zu den geringsten Herstellungskosten zu produzieren. Wir setzen auf den richtigen Mix, eine hocheffiziente Produktion von Standardsiliconen und einen wachsenden Anteil an maßgeschneiderten Spezialitäten, die dem Kunden hohen Mehrwert bieten.
5 –
WACKER stellt schon heute mehr als 3.000 verschiedene Silicontypen her, die in nahezu alle Industriebranchen gehen, vom Bau bis zur Elektronik. Ist da das Spektrum neuer Anwendungen nicht irgendwann ausgereizt?
Dr. Gnann: Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Erstens gibt es ja immer wieder neue Technologien, bei denen auch Silicone zum Einsatz kommen, denken Sie nur an die Elektromobilität. Und zweitens werden auch bestehende Anwendungen ständig weiterentwickelt. Das klassische selbstklebende Pflaster mit Wundauflage gibt es seit fast 100 Jahren, aber Wundauflagen mit Siliconen setzen ganz neue Maßstäbe. Sie sind weich, flexibel, atmungsaktiv, haften zuverlässig und lassen sich gleichzeitig deutlich schmerzfreier wieder abziehen.
Aber auch etablierte Produkte wie Siliconöle können wir so modifizieren, dass sie als Wärmeträger in Solarthermieanlagen eingesetzt werden und dort den Wirkungsgrad signifikant steigern. Das sind jetzt nur zwei Beispiele von vielen. Ich bin überzeugt: Silicone werden ihre überlegenen Materialeigenschaften in vielen Anwendungen ausspielen, an die wir heute noch gar nicht denken. Die Kreativität unserer hervorragenden Teams in der Welt kennt keine Grenzen.