Wie Polymere die Zukunft verbinden – 8 Antworten

Interview mit Peter Summo, Geschäftsbereichsleiter WACKER POLYMERS

1 –

WACKER POLYMERS hat seinen Umsatz von 2007 bis 2017 mehr als verdoppelt. Welche Zutaten hat das Erfolgsrezept?

Peter Summo: Wir verkaufen ein Bindemittel. Das hört sich zunächst mal nicht spektakulär an. Aber mit bald einer Million Tonnen pro Jahr sind wir doppelt so groß wie der zweitgrößte Hersteller. Wir sind der einzige Anbieter, der die Märkte global mit Dispersionen und Dispersionspulvern aus Vinylacetat-Ethylen-Copolymeren (VAE) bedient. Geholfen hat dabei auch die Übernahme der Mehrheit an zwei Unternehmen, die wir mit Air Products aufgebaut haben. Unsere Tandemstrategie ist überaus erfolgreich. Für unsere Kunden sind wir ein einzigartiger und verlässlicher Partner, weil wir mit ihnen durch unsere 15 Technischen Kompetenzzentren permanent im Dialog sind und gemeinsam Lösungen entwickeln. Das ist die wirkliche Stärke unseres Geschäftsmodells.

2 –

Sie haben also keine Angst vor der Konkurrenz?

Peter Summo: Wir machen es unseren Konkurrenten nicht leicht. Wir haben mehr als 50 Prozent Weltmarktanteil bei Dispersionspulvern. Bei den Dispersionen sind es über 30 Prozent. Wir besitzen ein über Jahrzehnte gewonnenes Know-how in der Formulierung von Produkten, das sich andere erst einmal erwerben müssen. Es spricht vieles dafür, dass künftig in den rund 20 Anwendungsfeldern, die wir bedienen, eher mehr als weniger Bindemittel zum Einsatz kommen. Deshalb investieren wir auch so kräftig in den Ausbau unserer Produktionskapazitäten, damit wir von diesem Wachstum profitieren. Ende 2017 ist in Burghausen ein neuer Reaktor angelaufen. 2019 gehen in Südkorea ein Dispersionsreaktor und ein Sprühtrockner in Betrieb.

3 –

Das klingt so, als ob es noch unendlich viel Potenzial gäbe …

Peter Summo: Wenn Sie sich überlegen, dass auf 80 Prozent aller Baustellen dieser Welt Fliesen noch traditionell im Dickbett verlegt werden, also mit Sand, Zement und ein bisschen Wasser, dann ist einiges möglich. Selbst wenn nur ein bis zwei Prozent des Marktes jedes Jahr zur Dünnbetttechnologie wechseln, für die Polymere gebraucht werden, dann sind das für uns enorme Mengen.

4 –

Können Sie ein Beispiel nennen?

Peter Summo: In China gibt es immer mehr Menschen, die über höhere Durchschnittseinkommen verfügen und sich hochwertige Produkte leisten können. Dort werden in den Großstädten ganze Badezimmer in Hochhäusern bezugsfertig an die Bauindustrie geliefert. Das geht nur mit Bindemitteln, weil sie den Kleber flexibel machen. Sonst würden die Fliesen schon auf dem Weg zur Baustelle von der Wand fallen. Das Gleiche gilt für Indien. Die teuren Fliesen, die in Mumbai verbaut werden, können sie nur mit hochwertigen Klebern verarbeiten. Genau hier kommen unsere Bindemittel ins Spiel.

5 –

Dennoch haben Sie die strategische Ausrichtung für WACKER POLYMERS nachjustiert. An welchen Stellschrauben haben Sie gedreht?

Peter Summo: Wir haben in den letzten zehn Jahren viel in die Märkte investiert – jetzt geht es darum, die Möglichkeiten maximal auszuschöpfen. Wir unterteilen künftig noch stärker in Kerngeschäft und neue Geschäftsfelder. In unserem Kerngeschäft haben wir noch so viele Wachstumsmöglichkeiten, dass wir über Jahre komplett ausgelastet wären. Aber mittel- und langfristig ist es wichtig, dass wir neue Standbeine aufbauen. Deswegen haben wir jetzt Teams, die sich ausschließlich mit der zukünftigen Geschäftsentwicklung beschäftigen. Zum Beispiel mit neuen Technologien für den Straßenbau.

6 –

Wie sehr prägt Nachhaltigkeit das Kerngeschäft?

Peter Summo: Unsere Produkte sind emissionsarm, haben lange Lebenszyklen und helfen CO₂ einzusparen – genau das wollen unsere Kunden. Wenn hochwertige Produkte gefragt sind, wie es im Renovierungsgeschäft in Europa oder in den USA der Fall ist, wird unsere Technologie eingesetzt. Dieses Geschäft wächst auch in Krisenzeiten prozentual stärker als das weltweite Bruttosozialprodukt und sorgt mit dafür, dass wir gut durch verschiedene Konjunkturzyklen kommen.

7 –

Ihr größter Verkaufsschlager, die Marke VINNAPAS^®, ist schon 80 Jahre alt. Welches sind die Innovationen für den künftigen Erfolg?

Peter Summo: Polymere sind längst Hochleistungsprodukte, in denen unglaublich viele Innovationen stecken. Es gibt Wandfarben, die Schmutz abweisen, Dichtungsschlämmen, die Bäder wasserfest machen, und Hightech-Kleber. In verschiedenen unserer Kernanwendungen sind Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen gefragt. Hier arbeiten wir an CO₂-neutralen Lösungen, um dieses Kundenbedürfnis bedienen zu können.

8 –

Wohin wird sich die Welt für WACKER POLYMERS in den nächsten zehn Jahren weiterdrehen?

Peter Summo: Die Entwicklung verspricht für unser Geschäft viel Gutes: eine wachsende Weltbevölkerung, steigende Einkommen, insbesondere in Asien, Urbanisierung. Und das ganze Thema Nachhaltigkeit, wo unsere Produkte gefragt sind. Wir haben es in den letzten zehn Jahren geschafft, unser Geschäft zu verdoppeln. Ich bin überzeugt: Wir können das in den nächsten zehn Jahren noch einmal wiederholen.