Forschung und Entwicklung
Mit seiner Forschung und Entwicklung (F & E) verfolgt WACKER drei Ziele:
- Wir suchen nach Lösungen für die Bedürfnisse unserer Kunden, um einen Beitrag zu deren Markterfolg zu leisten.
- Wir optimieren unsere Verfahren und Prozesse, um in der Technologie führend zu sein und nachhaltig zu wirtschaften.
- Wir konzentrieren uns darauf, innovative Produkte und Anwendungen für neue Märkte zu schaffen sowie Zukunftsfelder zu bedienen wie Energiespeicherung, Erzeugung regenerativer Energie, Elektromobilität, modernes Bauen und Biotechnologie.
Die F & E-Quote – das Verhältnis der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zum Konzernumsatz – liegt mit 3,3 Prozent (2019: 3,5 Prozent) leicht unter dem Vorjahr.
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Mio. € |
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2020 |
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2019 |
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2018 |
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2017 |
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2016 |
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Forschungs- und Entwicklungskosten |
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156,6 |
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173,3 |
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164,6 |
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153,1 |
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150,0 |
Im Geschäftsjahr 2020 haben wir 91 Erfindungen zum Patent angemeldet (2019: 99). Unser Patentportfolio umfasst derzeit weltweit rund 4.200 aktive Patente sowie 1.400 laufende Patentanmeldungen. F & E-Know-how mittels Lizenzen von Dritten erwerben wir in geringem Umfang. Bei Forschungskooperationen mit Hochschulen sind uns die Ergebnisse in der Regel mittels Übertragung der Nutzungsrechte oder kostenlos zugänglich.
Wir haben in neue Labore und deren Ausstattung sowie in Pilotanlagen und Pilotreaktortechnologien investiert. Die Arbeitsprozesse unserer internationalen F & E-Kompetenzzentren haben wir weiter automatisiert und digitalisiert. Am Standort Nünchritz haben wir eine Pilotanlage für eine innovative Harztechnologie errichtet.
Ein Großteil der F & E-Kosten entfiel darauf, Produkte und Produktionsverfahren zu entwickeln. Die Zukunftsfelder, in denen WACKER tätig ist, sind insbesondere Energiegewinnung und -speicherung, Elektronik, Automobil, Bau, Produkte für Haushalt, Medizin / Health Care und Kosmetik sowie Nahrungsmittel und Biotechnologie.
Mit unserer Initiative „New Solutions“ entwickeln wir technisch und kommerziell überlegene Lösungen für neue Anwendungen. Wir bündeln unsere Kompetenzen konzernweit und setzen sie bereichsübergreifend bedarfsgerecht ein.
Einige unserer Forschungsprojekte werden durch Zuwendungen von öffentlicher Hand gefördert. Der Schwerpunkt dieser Projekte lag im Berichtszeitraum auf Prozessthemen, Elektromobilität und Leichtbau.
Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf zwei Ebenen
WACKER forscht und entwickelt auf zwei Ebenen: im Zentralbereich F & E sowie dezentral in den Geschäftsbereichen, die anwendungsnah forschen und entwickeln. Der Zentralbereich F & E koordiniert diese Arbeiten unternehmensweit und bindet andere Bereiche ein. Im Projekt System Innovation (PSI) steuern wir unsere Produkt- und Prozessinnovationen konzernweit, indem wir Kundennutzen, Umsatzpotenzial, Profitabilität und Technologieposition systematisch bewerten.
Strategische Zusammenarbeit mit Kunden und Forschungseinrichtungen
Wir kooperieren mit Kunden, wissenschaftlichen Instituten und Universitäten, um schneller und effizienter Forschungserfolge zu erzielen. Die Themen unserer Kooperationen sind unter anderem Stromspeicherung, Bauanwendungen sowie Prozesssimulation und -entwicklung.
Die Wacker Chemie AG gründete im Jahr 2006 gemeinsam mit der Technischen Universität München (TUM) das am Forschungscampus Garching beheimatete WACKER-Institut für Siliciumchemie, das wir seither fördern.
Forschungsarbeit bei WACKER
In der F & E waren im Jahr 2020 konzernweit 752 Mitarbeiter beschäftigt (2019: 766). Dies entspricht 5,3 Prozent der Mitarbeiter (2019: 5,2 Prozent). Davon arbeiteten 590 Mitarbeiter bei der F & E in Deutschland und 162 im Ausland.
Alexander Wacker Innovationspreis
Den mit 10.000 € dotierten Alexander Wacker Innovationspreis verleihen wir seit dem Jahr 2006 im Rahmen der WACKER Innovation Days, eines jährlichen Forschungssymposiums, das im Berichtsjahr als Online-Veranstaltung stattfand. SeungA Lee und JungEun Lee vom Center of Excellence Electronics, einer Forschungseinrichtung des WACKER-Konzerns in Seoul, Korea, hatten Siliconharze für Optical-Bonding-Anwendungen entwickelt. Damit ermöglichen sie maßgeschneiderte Lösungen für den stark wachsenden Markt hochwertiger, entspiegelter Displayanwendungen. Beim Optical Bonding verbinden Silicongele das dünne Deckglas mit den Schichten darunterliegender Elektronik. Die Entspiegelung wird bewirkt, indem der Spalt mit einem Gel ausgefüllt und dabei Luft verdrängt wird.
In der Preiskategorie Lifetime Achievement würdigte WACKER erstmals herausragende Entwicklungsleistungen während eines Berufslebens. Die Auszeichnung ging an einen indischen Forscher: Amit Paul von Wacker Metroark Chemicals in Kalkutta ist es gelungen, durch wasserfreie Silan-Oligomer / Tensid-Mischungen hydrophobem Zement sowie Beton- und Mörtelmassen wasserabweisende Eigenschaften zu verleihen. Zudem entwickelte er eine Siliconölemulsion mit niedriger Partikelgröße, die in Haarpflegeprodukten und Hochleistungsadditiven für Kosmetik, Lackformulierungen und den Pflanzenschutz zum Einsatz kommt.
Ausgewählte Forschungsthemen des Zentralbereichs Forschung und Entwicklung
Im Fokus unserer zentralen Forschung liegen Projekte, die nachhaltige Themen voranbringen, z. B. Kreislaufwirtschaft und nachwachsende Rohstoffe. Wir forschen am Einsatz nachhaltiger Verfahren, um den CO2-Fußabdruck unserer Produkte und Produktionsverfahren kontinuierlich zu verringern. Für Siliconprodukte und Vinylacetat-Ethylen (VAE) arbeiten wir an der Entwicklung von Polymerbausteinen, die aus CO2 hergestellt und gleichzeitig biologisch abbaubar sind. Dabei kooperiert die zentrale Forschung intensiv mit den Geschäftsbereichen WACKER SILICONES und WACKER POLYMERS. Die Effizienz unserer Forschung steigern wir auch, indem wir uns in öffentlich geförderten Projekten engagieren, z. B. dem Kopernikus-Projekt P2X. Hier untersuchen wir Technologien, die erneuerbaren Strom in andere Energieformen umwandeln, z. B. in chemische Rohstoffe und Synthesebausteine.
Ein Schwerpunkt unserer Grundlagenforschung bleibt die Chemie des niedervalenten Siliciums und Germaniums zum industriellen Einsatz, beispielsweise in der Katalyse und Synthese. Dabei kooperieren wir eng mit dem WACKER-Institut für Siliciumchemie an der TUM.
Die zur Vernetzung von Siliconen benötigten Katalysatoren enthalten Edelmetalle wie Platin, was die Herstellung teuer macht. Zudem verbleiben die Edelmetalle im Silicon. Forschern des WACKER-Instituts für Siliciumchemie und des WACKER-Konzerns gelang es im Berichtsjahr, Siliconkautschuke ohne edelmetallhaltige Katalysatoren zu vulkanisieren. Statt der sonst üblichen Vernetzer verwendeten sie Siliconbausteine, die Siliraneinheiten enthalten. Die auf diese Weise hergestellten Siliconelastomere zeichnen sich durch sehr hohe Reinheit aus. Sie enthalten weder flüchtige Substanzen noch Spuren von Edelmetallen.
Internationale Partner testen, für welche Anwendungen sich unsere hochinnovativen, auf Silicium basierenden Anodenmaterialien eignen, z. B. für Konsumentenelektronik oder Antriebsbatterien in Elektrofahrzeugen. Gemeinsam mit Forschern unserer britischen Beteiligung Nexeon Ltd. intensivieren wir unsere Arbeiten an siliciumbasierten Materialien für Hochleistungsbatterien.
Unsere Forschung legt einen Fokus auf biotechnologische Verfahren und Produkte. Mit ESETEC®-Stämmen der dritten Generation können wir erstmals gezielt auslösen, dass korrekt gefaltete Pharmaproteine aus einer Bakterienzelle freigesetzt werden. Ein solches Verfahren entwickeln wir zur Produktion von Nukleinsäuren als wichtige Klasse der Biopharmazeutika. Wir nutzen unsere biotechnologischen Produktionsplattformen, um neue Herstellverfahren für funktionelle Zusätze zu erarbeiten, die wir auf dem stark wachsenden Markt alternativer, nicht tierischer Nahrungsmittel-Proteine anbieten. Unsere moderne Systembiologie ermöglicht, die Aminosäure L-Cystein kostengünstig und nachhaltig herzustellen. Auf dieser Basis erarbeiten wir mit Partnern fermentative Produktionsverfahren für schwefelhaltige Naturstoffe, die als Nahrungsmittel und Nahrungszusatzstoffe eingesetzt werden.
Ausgewählte Forschungsprojekte aus unseren Geschäftsbereichen
Nachhaltigkeit im Allgemeinen und Bioabbaubarkeit im Besonderen gewinnen weiter an Bedeutung. Unsere Forscher in Burghausen arbeiten an Siliconsystemen mit Materialien oder organischen Bausteinen, die abbaubar sind. Im Kompetenzzentrum Shanghai forscht WACKER SILICONES an Wärmeleitmaterialien insbesondere für die Elektronikindustrie. Ein Schwerpunkt des Burghauser Kompetenzzentrums lag im Berichtsjahr auf Faserverbundstoffen für temperaturstabile, feuerfeste Leichtbauelemente, die aus Kohle- oder Glasfasern und Siliconharzen bestehen. Zum Einsatz in Sensoren hat WACKER SILICONES druckbare, elastische Elektrodenmaterialien entwickelt. Unsere harzgefüllten, optisch klaren Siliconsysteme für Optical Bonding erhöhen die Funktionalität von Bildschirmen.
Wir forschen weiter an UV-aktivierbaren Siliconen, deren Einsatz im Vergleich zur thermischen Härtung Energie spart. Am Forschungsstandort Ann Arbor / Michigan, USA, arbeiten wir an Siliconsystemen zum gezielten Freisetzen von Wirkstoffen in der Wundversorgung. Unsere Forschungsaktivitäten digitalisieren wir durch Molekülsimulation und Big-Data-Analysen. In interdisziplinären HIT-Teams (High Innovation ImpacT) prüfen wir mit Innovationsmethoden wie Design Thinking, ob unsere Entwicklungsprojekte umsetzbar und marktfähig sind. Dabei haben die HIT-Teams im Berichtsjahr einen Schwerpunkt auf die Themen Hygiene und Pandemie gesetzt.
WACKER POLYMERS legt einen Forschungsschwerpunkt weiter auf nachhaltige, funktionelle polymere Bindemittel für die Baubranche und Konsumgüter. Wir verbessern fortlaufend Produkte, die frei von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) sind und den Einsatz nachhaltiger Formulierungskomponenten in den verschiedensten Materialien ermöglichen. Im Fokus stehen nachwachsende Rohstoffe sowie polymere funktionelle Additive zur Produktion bioabbaubarer Materialien. Im Berichtszeitraum haben wir funktionalisierte Polymerdispersionen, polymere Dispersionspulver und polymere Harze auf den Markt gebracht, mit denen unsere Kunden veredelte Dispersionsfarben und leistungsfähige Kompositmaterialien herstellen. Wir haben nachhaltige Bindemittel für Klebstoffe sowie für zementäre Baustoffe eingeführt.
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) unterstützen wir beim Aufbau einer Innovationsplattform für nachhaltiges Bauen. Das Angebot unseres gemeinsamen Förderprojekts „ChangeLab! WACKER / KIT Innovation Platform for Pioneering Sustainable Construction“ richten wir an Studenten des KIT sowie an Architekten, Ingenieure und Bauexperten. Wir wollen die Stufen der Bauwertschöpfungskette stärker mit der Forschung vernetzen, indem wir den Austausch über Ideen und Denkansätze für Materialentwicklung sowie kreislaufgerechte Konstruktionen fördern.
Die Forschung von WACKER BIOSOLUTIONS stärkt weiter ihre technologischen Kernkompetenzen Biotechnologie und Mikrobiologie. Für den COVID-19-Impfstoffkandidaten CVnCoV des biopharmazeutischen Unternehmens CureVac N. V. produzieren wir bei erfolgreicher Zulassung am Standort Amsterdam mit der GMP(Good Manufacturing Practice)-Produktion diesen Impfstoff. Unsere fermentativen Herstellprozesse von hochwertigen, biobasierten und natürlichen Inhaltsstoffen für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel erneuern und verbessern wir kontinuierlich. Wir ermöglichen unseren Pharmakunden die Produktion schwierig zugänglicher aktiver Proteine mit der mikrobiellen Produktionsplattform ESETEC®, die wir kontinuierlich weiterentwickeln. Im Berichtszeitraum haben wir Herstellprozesse für Lebendbakterien optimiert, die unsere Kunden als pharmazeutisch aktive Wirkstoffe einsetzen. Für unsere vielfältig einsetzbaren Cyclodextrine entwickeln wir Anwendungen in der Lebensmittelbranche, Landwirtschaft und Pharmazie weiter.
Die technologische Entwicklung der Solarmodule macht über alle Schritte der Wertschöpfungskette enorme Fortschritte, was sich in kontinuierlich steigenden Zellwirkungsgraden widerspiegelt. Höchste Zellwirkungsgrade können nur mit höchstreinem Polysilicium erzielt werden, wie WACKER POLYSILICON es produziert. Referenzstudien wie die International Technology Roadmap for Photovoltaics (ITRPV) weisen für monokristalline Solarzellen mit PERC-Technologie (Passivated Emitter Rear Cell) Wirkungsgrade von mittlerweile über 22 Prozent aus. Der Wirkungsgrad gibt an, wie viel der eingestrahlten Energie eine Solarzelle in Strom umwandelt. Monokristalline Hochleistungszellen, z. B. Heterojunction- oder Interdigitated-Back-Contact-Solarzellen, erreichen Wirkungsgrade von 23 bis 25 Prozent. Solche Hochleistungssegmente setzen die hohe Qualität des Polysiliciums von WACKER voraus. Der Initiative Alliance for Ultra Low Carbon Solar (ULCSA) sind wir im Berichtsjahr beigetreten. Die internationalen Mitglieder dieser in den USA gegründeten Organisation engagieren sich für den Einsatz von Photovoltaikkomponenten mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck.